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1. Teil

 

Wenn ein Mensch damit beginnt, die Kabbala zu studieren, kann es sein, dass er keine spirituellen Gefühle entdeckt, und dass sich sein Verstand folglich während des Lernprozesses als Hilfsmittel einschleicht. Wir sind jedoch dazu angehalten, unser Innerstes, unser Herz, durch unseren Verstand zu öffnen. Erst wenn unser Herz sich entwickelt, fühlen wir, was Richtig und was Falsch ist. Wir werden ganz natürlich zu den richtigen Entscheidungen und Taten geführt.

Die Kabbalisten lehren die Spiritualität, indem sie langsam damit beginnen, den Lernenden schrittweise beizubringen, ihren Willen so zu erweitern, dass sie mehr Licht, mehr Bewusstsein, mehr spirituelles Gefühl empfangen können. Mit einem erhöhten Verlangen geht eine größere spirituelle Tiefe, ein größeres Verständnis und das Erreichen des Ziels einher. So kann ein Mensch die höchste spirituelle Stufe ersteigen, die es zu erklimmen gibt. Er kann die Wurzeln seiner Seele erreichen.

Wenn der Mensch versucht, seine Situation und seine Lebensbedingungen objektiv zu beurteilen, kann er eine richtige Wahrnehmung der Schöpfung erreichen. Die Existenz des Schöpfers hat Konsequenzen für uns, ebenso wie für die Kabbalisten, welche ihre Fähigkeit zum direkten Kommunizieren mit Ihm bereits verwirklicht haben. Da der Schöpfer die Kontrolle über alle offenen und verdeckten Dinge hat, Er jede Lebenssituationen steuert, und wir uns also ständig unter Seinem Einfluss befinden, ist es am klügsten und vernünftigsten, sich permanent mit Ihm zu vereinigen. Je näher und fester wir dies tun, umso besser.

Wenn wir mit großer Anstrengung versuchen würden, Seine Wahrnehmung zu erreichen, und damit schließlich erfolgreich wären, würden wir uns völlig hilflos fühlen. Es wäre so, als ob wir ohne Bezug in der Luft hängen würden, denn der Schöpfer würde sich vor unseren Vorstellungen verstecken. Ohne zu sehen, ohne zu fühlen, ohne zu hören, ohne irgendeine sensorische Eingabe wären wir wie ein unhörbarer Schrei in der unendlichen Wüste.

Weshalb hat uns der Schöpfer erschaffen, wenn wir Ihn nicht wahrnehmen können? Warum sollte Er sich vor uns verstecken? Warum reagiert Er nicht, selbst wenn ein Mensch Ihn anruft? Warum zieht Er es vor, uns in einer Weise zu beeinflussen, die Ihn vor uns versteckt hält, verborgen hinter der Natur, verschleiert in den anderen Menschen?

Wenn Er bereit wäre, uns zu korrigieren, das heißt, seinen eigenen "Fehler" in der Schöpfung zu beheben, hätte Er es doch schon lange tun können. Entweder in offener oder verborgener Weise. Wenn Er Sich uns völlig aufdecken und öffnen würde, würden wir Ihn doch alle wahrnehmen und lieben können, mit allen unseren Sinnen und unserer Intelligenz, die Er uns schenkte. Sicher würden wir dann wissen, wie wir in der Welt leben und mit der Welt umgehen sollten, die Er für uns erschaffen hat.

Sobald der Mensch sich bemüht, den Schöpfer zu erreichen, um ihm Glauben zu schenken und sich Ihm anzunähren, ist es paradoxerweise so, dass des Menschen Ziel seinen Händen entgleitet und verschwindet. Wenn doch alle unsere Erfahrungen vom Schöpfer kommen, warum beraubt er gerade diejenigen ihres Wunsches, die Ihn so gerne wahrnehmen möchten? Weshalb legt Er insbesondere ihnen, bei ihrem Weg zu Ihm, die verschiedensten Hindernisse in den Weg?

Die Versuche des Menschen, sich näher an den Schöpfer heranzubewegen, sowie die Ablehnung des Schöpfers, welches sich darin zeigt, dass Er im besonderen Maße denjenigen Leiden zufügt, die Ihn suchen, können sich über viele Jahre hinziehen! Aus Verzweiflung könnte solch ein Mensch glauben, dass der Stolz und die Arroganz, von der es sich selbst reinigen wollte, eine unendliche charakteristische Eigenschaft des Schöpfers sei!

Im Gegenteil zu der Aussage, dass der Schöpfer besonders gnädig zu denjenigen ist, die Ihn suchen, empfängt der Mensch keine Antwort auf seine Tränen und sein Rufen. Wenn wir während unseres Lebens selbst etwas ändern könnten, so als ob Er uns einen freien Willen gegeben hätte, wäre es bestimmt unser ungenügendes Wissen, die Leiden unserer Existenz und unserer Entwicklung zu vermeiden.

Wenn es keinen freien Willen gäbe, kann etwas grausamer sein, als uns Jahrzehnte lang sinnlos leiden zu lassen, in einer fürchterlichen Welt, die von Ihm erschaffen wird? Tatsächlich können solche Klagen und Vorwürfe für unbestimmte Zeit weitergehen. Wenn der Schöpfer die Ursache unseres Zustandes ist, dann haben wir viele Argumente, Ihn zu kritisieren und zu tadeln. Dies vollzieht unser Innerstes auch unentwegt, wenn unser Herz auf diese Weise glaubt.

Wenn dem Menschen etwas missfällt, tadelt er den Schöpfer, weil er sich eben gerade so fühlt. Auch wenn der Mensch sich nicht wirklich an Ihn wendet, oder sogar überhaupt nicht an die Existenz des Schöpfers glaubt: Der Schöpfer sieht alles, was sich im Inneren des Menschen abspielt.

Jeder von uns hat das Recht, an einer Meinung festzuhalten, welche es auch immer sein mag. Denn wir halten an dem fest, was wir im Augenblick mit unseren eigenen Sinnen wahrnehmen und mit unserer eigenen Intelligenz analysieren können. Menschen mit einer beträchtlichen Lebenserfahrung wissen, wie drastisch sich ihre Ansichten während der Jahre veränderten und noch verändern werden.

Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass wir uns vorher geirrt hatten und jetzt richtig liegen. Denn unsere momentane Sichtweise ist genauso falsch, wie wir morgen sehen werden. Folglich sind die Schlussfolgerungen, die wir in jeder möglichen Situation ableiten, für diese eine bestimmte Situation korrekt. Sie können jedoch in direktem Wiederspruch zu unseren Schlussfolgerungen sein, die wir bei einer anderen Gelegenheit gebildet haben.

Aus dem gleichen Grunde können wir nichts über andere Welten und ihre Gesetze schlussfolgern, oder sie beurteilen, solange unsere Aussagen auf unseren eigenen aktuellen Kriterien, den Kriterien unserer Welt, basieren. Wir besitzen keine übersinnliche Intelligenz, Vorstellung oder gar Konzepte, und folglich können wir uns auch kein Urteil über die anderen Welten bilden. Denn nachweislich irren wir uns sogar ständig innerhalb der Grenzen unserer eigenen Welt.

Nur derjenige, der übersinnliche Qualitäten besitzt, kann Übersinnliches beurteilen. Wenn er gleichzeitig irdische Qualitäten hat, kann er uns seine Erfahrungen wenigstes nach irdischen Maßstäben beschreiben. Solch eine Person kann nur ein Kabbalist sein, ein Mensch unserer Welt, geschaffen mit den gleichen Qualitäten wie jeder einzelne von uns, und gleichzeitig ausgestattet mit anderen Qualitäten von Oben, von den Himmeln, die ihn befähigen, uns zu erklären, was in diesen anderen höheren spirituellen Welten abläuft.

Deshalb hat der Schöpfer einigen Kabbalisten erlaubt, ihr Wissen auch den breiten Schichten der Gesellschaft zugänglich zu machen und aufzudecken. Der Grund dafür ist, anderen dabei zu helfen, sich mit dem Schöpfer zu verständigen. Die Kabbalisten erklären uns mit Bezeichnungen, die wir auch begreifen können, dass die Struktur und das Funktionieren des Verstandes in den nicht weltlichen spirituellen Angelegenheiten auf Gesetzen basieren, die sich zu unseren irdischen konträr verhalten.
Es gibt keine Wand, die unsere Welt von der übersinnlichen, spirituellen Welt trennt. Jedoch verursacht die Tatsache, dass die spirituelle Welt entsprechend seinen Eigenschaften eine Anti-Welt ist, dass sie sich so weit jenseits unserer Vorstellung befindet. Nachdem wir in unserer Welt geboren sind, und die Natur und Begebenheiten dieser Welt erworben haben, vergessen wir vollständig alles über unseren vergangenen letzten Anti-Zustand. Folglich gibt es für den Menschen nur eine einzige Weise, damit er diese Anti-Welt wahrnehmen kann: Er muss die Natur und die Beschaffenheit dieser Anti-Welt annehmen und deren Ursachen und Qualitäten erforschen. Wie und in welcher Weise müssen wir unsere Natur ändern, um die gegensätzliche Natur des Spirituellen zu erfassen?

Das grundlegende Gesetz der spirituellen Welt ist der absolute Altruismus. Wie kann ein Mensch diese Qualität erwerben? Die Kabbalisten schlagen vor, dass wir eine Art Transformation innerhalb von uns selbst ausführen. Nur diese innere Arbeit an sich selbst erlaubt es dem Menschen, die spirituellen Welten wahrzunehmen, und damit zu beginnen, in beiden Welten gleichzeitig zu leben. Diese Arbeit wird durch den Begriff "seinen Glauben über den Verstand stellen" bezeichnet.

In dieser Welt ist es unser Verstand, der alles bestimmt, was wir machen. Einzig und allein dieser Verstand, mit anderen Worten, die Egozentrik oder die berechnende "Vernunft" ist der Motor all unserer Wünsche und unserer Handlungen. Unser Verstand berechnet ständig die Menge des möglichen Vergnügens, und er prüft und wägt ab, hinsichtlich der Menge des Leidens, welches die Anstrengung verursacht, dieses Vergnügen zu erreichen. Die Subtraktion dieser Mengen liefert ihm das gesuchte Ergebnis: Entweder die Arbeit inklusive des Leidens für das Vergnügen, oder Ruhe und Frieden durch den Verzicht auf den angestrebten Wunsch. Das Grundprinzip dieses "vernünftigen" Konzeptes unserer Welt in Bezug zur Umwelt wird durch den Begriff: "Ein Glaube in den Grenzen des Verstandes" bezeichnet, der Verstand bestimmt den Glauben.

Der Mensch handelt oft, ohne den Nutzen seiner Handlungen abzusehen, oder im voraus die Anstrengungen, die er investieren muss, zu berechnen. Man denke zum Beispiel an eine sehr leidenschaftliche Person oder an einen Menschen, der auf eine bestimmte Art und Weise konditioniert ist. Die von ihm ausgeführten "blinden" Handlungen ergeben sich aus dem Prinzip, welches durch den Ausdruck "ein Glaube, der dem Verstand untergeordnet ist" bezeichnet wird. Denn diese Handlungen werden eher durch die blinde, unbewusste Beobachtung von irgend etwas oder von Entscheidungen dritter Personen beeinflusst, als durch eigene Überlegung und Berechnung. In anderen Fällen können die Handlungen des Menschen durch seine Erziehung, die für ihn wie zu einer zweiten Natur geworden ist, diktiert werden. Dies kann so stark sein, dass er eine große Anstrengung unternehmen muss, um ein anderes Verhalten zu entwickeln, als jenes, dass in ihm durch Konditionierung seine Handlungen eingeschärft worden ist, und welches deshalb seine Handlungen automatisch durch den Zwang oder die Gewohnheit bestimmen. Wir führen alle eine große Anzahl von Handlungen nach diesem Schema aus.
Die spirituelle Welt ist ein altruistische Welt. Alles Wünsche und Taten, jedes mögliche existierende Verlangen des Menschen sind dort bestimmt. Jedoch nicht durch den Verstand des Menschen oder seinen Egoismus, sondern durch den Glauben, anders ausgedrückt, durch eine Empfindung des Schöpfers.
Es erfordert gewisse Vorbedingungen, um sich von einem Wesen, welches durch die weltlichen Gesetze bestimmt war, zu einem Wesen, welches durch die Gesetze der spirituellen Welten geleitet wird, zu entwickeln. Wenn der Mensch die Gedanken seines Verstandes zurückgedrängt, und somit ohne ihre Unterstützung ist, hängt er bildlich ausgedrückt mit seinen beiden Beinen in der leeren Luft, heftet sich jedoch gleichzeitig mit beiden Händen fest an seinen Schöpfer, der so seine Handlungen durch seinen alleinigen Willen leitet und bestimmt. Gewissermaßen ersetzt der Mensch seine eigenen Überlegungen und Gedanken durch jene des Schöpfers. Er handelt folglich entgegen seinem Verstand, und setzt den Willen des Schöpfers über seinen eigenen. Deshalb wird das Prinzip dieses Verhaltens durch den Ausdruck: "Der Glaube, der dem Verstand übergeordnet ist" bezeichnet.

Wenn der Mensch auch nur einmal mit diesem Prinzip erfolgreich gewesen ist, beginnt er diese Welt und gleichzeitig die spirituelle Welt neu wahrzunehmen. Er entdeckt, dass beide Welten gleichzeitig, gemäß den selben spirituellen Grundregeln, funktionieren: "Der Glaube der dem Verstand übergeordnet ist".

Der Wunsch des Menschen, seinen Verstand zurückzudrängen und nur von seinem Verlangen, dem Schöpfer ein Vergnügen zu bereiten, geleitet zu werden, ist das spirituelle Gefäß, welches ihm erlaubt, spirituelle Gefühle wahrzunehmen. Die "Kapazität" dieses Gefäßes ist mit anderen Worten die Größe des spirituellen Vermögens des Menschen, seinen egozentrischen, erdgebundenen Willen zurückzudrängen.

Um die Kapazität eines spirituellen Gefäßes zu erhöhen, stellt der Schöpfer immer größere und unüberwindbare Hindernisse auf den Weg "des Glaubens, der dem Verstand übergeordnet ist". Ganz allmählich steigert er die egozentrischen Wünsche, das Verlangen und die Zweifel, was die göttliche Allmacht betrifft. Die Tat, diese Hindernisse progressiv zu überwinden, erlaubt es dem Menschen, den Beweis eines immer stärker altruistischen Verlangens zu erbringen, die Kapazität seines spirituellen Gefäßes zu steigern, und mit mehr Klarheit und Schärfe den Schöpfer in seinem Universum der Ähnlichkeiten wahrzunehmen.

Wenn der Mensch den Schöpfer mit beiden Händen fassen und seine kritische Annäherung des Verstandes unterdrücken könnte, würde er jubeln und sich über alle Maßen freuen, dass sich ihm solch eine Gelegenheit geboten hat. Könnte er diesen Zustand auch nur einen Augenblick aushalten, würde er erkennen, wie wundervoll er ist. Es ist der Punkt, an dem der Mensch sein Ziel erreicht hat. Nämlich das Wahrnehmen der ewigen Wahrheit, die sich morgen nicht ändern wird, so wie alle seine vorigen Annahmen es taten. Denn nun ist er vereint mit dem ewigen Schöpfer und betrachtet alle Begebenheiten nur durch diese einzige Wahrheit.

Ein Fortschritt ist nur gleichzeitig entlang drei paralleler Linien möglich, von denen die rechte Linie der Glaube und die linke Linie die Wahrnehmung und das Verstehen sind. Diese zwei Linien oder Säulen sind unterschiedlich zueinander, denn sie sind gegenseitig unvereinbar. Folglich ist die einzige Weise, sie gegenseitig auszugleichen, mittels einer mittleren Linie (Säule), welche gleichzeitig zur rechten und linken Linie gebildet wird. Diese dritte mittlere Säule ist die Linie eines spirituellen Verhaltens, bei dem der Verstand nur in Übereinstimmung mit der Kraft des Glaubens verwendet wird.

Von allen spirituellen Objekten, deren Ordnung vom Schöpfer erschaffen wurde, kann gesagt werden, dass sie in Ihm, von Ihm umgegeben vorhanden sind. All das, was im Schöpfer im Universum umfasst wird, existiert nur im Verhältnis zu den Geschöpfen, und dies alles ist ein Produkt des ursprünglichen Geschöpfs, welches als Malchut bezeichnet wird. Das bedeutet, dass alle Welten und alle Geschöpfe, alle, ausgenommen dem Schöpfer Selbst, ein einzelnes Geschöpf sind, dass Malchut, die Wurzel, die Quelle aller Geschöpfe genannt wird, welche dann in viele kleinere Teile von sich zerfällt.

Alle Teile zusammen genommen werden Schischina genannt. Und das Licht des Schöpfers, Seine Anwesenheit, Er, der Selbst die Schischina füllt, heißt Schoschen.

Die Zeit, die benötigt wird, um alle Teile der Schischina vollständig zu füllen, wird Korrekturzeit genannt. Während dieser Zeit vollziehen die Geschöpfe in ihrem Teil des Malchut eine Korrektur, jedes in seinem jeweiligen Teil von dem es geschaffen wurde.

Bis zu dem Moment, in dem der Schöpfer mit den Geschöpfen völlig vereinigt werden kann, das heißt, bis Er sich ihnen völlig aufdeckt, oder bis der Schoschen die Schischina gefüllt hat, wird der Zustand der Schischina oder der Geschöpfe, wenn sie noch keine Vollendung in den höheren Welten gefunden haben, als die "Verbannung der Schischina" (vom Schöpfer) bezeichnet.

Was unsere Welt anbetrifft, die niedrigste von allen, worin jedoch ebenso jedes Geschöpf volle Bewusstheit gegenüber dem Schöpfer erlangen muss, bemüht sich bis jetzt jeder darum, seine geringfügigen Wünsche zu befriedigen und blind den Rufen der weltlichen Sinnlichkeit zu folgen.

Dieser Zustand der Seele wird "Schechina in der Asche" genannt, wobei jeder die wahren Freuden der Spiritualität als ausgedachten Unsinn betrachtet, was als das "Leiden der Schechina" bezeichnet wird.

Das ganze Leiden des Menschen stammt von der Tatsache ab, dass er von Oben gezwungen wird, seinen gesamten gesunden Menschenverstand vollständig zurückzuweisen, um blind damit fortzufahren, den Glauben über den Verstand zu stellen.

Je stärker sein Verstand und der Umfang seiner Kenntnisse, und je größer und glänzender seine Intelligenz, desto schwieriger ist es für den Menschen, sich auf dem Weg des Glaubens vorwärts zu bewegen. Dementsprechend leidet solcher mehr darunter, seinen guten Menschenverstand ablegen zu müssen.

Ein Mensch, der entschieden hat, sich gemäß der Kabbala spirituell zu entwickeln, kann in gar keinem Fall mit dem Schöpfer zufrieden sein. In seinem Herzen verflucht er es, sich auf diesem Weg vorwärts bewegen zu müssen, denn durch keine Selbsttäuschung lässt sich eine Entschuldigung vor dem Schöpfer finden. Solch ein Mensch kann es nicht ertragen, ohne Unterstützung zu sein, bis ihm der Schöpfer hilft, indem Er ihm den gesamten Plan der Schöpfung enthüllt.

Wenn der Mensch das Gefühl hat, dass er in einer spirituellen Wachstumsphase ist, dass sein ganzes Verlangen und seine ganzen Wünsche auf den Schöpfer ausgerichtet sind, und nur auf Ihn, dann ist es der günstigste Zeitpunkt, adäquate Schriften der Kabbala zu studieren, mit dem Ziel, zu versuchen, ihre tiefe Bedeutung zu begreifen. Trotz seiner Anstrengungen, kann der Mensch den Eindruck haben, nichts zu verstehen. Es ist jedoch trotzdem notwendig, es weiter zu versuchen, weiter zu studieren und sich in die Schriften das eine und das andere Mal zu vertiefen. Einen Misserfolg im Verständnis der Texte sollte einen Studierenden niemals verzweifeln lassen.

Der Sinn dieser Versuche liegt in den Anstrengungen des Menschen, die Geheimnisse der Kabbala verstehen zu wollen. Seine Bemühungen stellen sein Gebet an den Schöpfer dar, damit Er die Schöpfung für ihn enthüllt. Die Kraft des Gebetes wird durch die Kraft seines Strebens bestimmt.

Eine Regel besagt: Durch die Anstrengungen und Mühen, die wir investieren, um etwas zu bekommen, steigert sich in uns ein weiteres Verlangen, immer mehr zu erhalten. Die Kraft dieses zunehmenden Verlangens wird durch das Leiden bestimmt, welches verursacht wurde, weil es unmöglich war, den Gegenstand unseres Verlangens zu erhalten. Ein Gebet ist dieses Leiden selbst, welches nicht durch Worte ausgedrückt, aber in höchstem Maße tief vom Herzen gefühlt wurde.

Da es also nur nach einer anhaltenden Anstrengung möglich ist, den Gegenstand unseres Verlangens zu erhalten, können wir sagen, dass der Mensch deshalb mit der gleichen Intensität und Aufrichtigkeit beten sollte, damit sein Gebet erhört wird.

Während unserer Versuche, die Schriften zu erforschen, ist unser Herz jedoch nie ganz frei von Gedanken, die nicht dazugehören. Somit wird unser Wesen auch nicht in der Lage sein, sich ausschließlich auf die Studien zu konzentrieren, bis zu dem Moment, an dem die Gedanken dem Herzen folgen.

Damit der Schöpfer das Gebet erhört, muss es vom tiefsten Punkt des Herzens ausgedrückt werden. Anders gesagt: Das ganze Verlangen und alle Wünsche des Menschen müssen zu diesem Zeitpunkt voll und ganz auf sein Gebet konzentriert werden. Um dies tun zu können, sollte man sich immer wieder und unaufhörlich in die Schriften vertiefen, selbst wenn man nichts begreift. Denn um erfolgreich zu sein, muss man ein authentisches Verlangen verwirklichen, damit der Schöpfer uns erhören kann.

Ein authentisches Verlangen ist jenes, dass einem anderen Verlangen keinen Platz mehr lässt.

Gleichzeitig studiert man neben dem Studieren der Kabbala die Handlungen des Schöpfers. Folglich nähern wir uns Ihm an. Stufenweise werden wir würdig, zu begreifen, was wir studieren.

Der Glaube, das heißt, die bewusste Wahrnehmung des Schöpfers, muss so ausgeformt sein, dass der Mensch in jedem Moment fühlt, in Anwesenheit des Königs des Universums zu sein. Ohne Zweifel, wird dann der Sucher mit den notwendigen Gefühlen von Liebe und Ehrfurcht erfüllt.

Bis er einen solchen Glauben erreicht, muss er sich immer bemühen, vorwärts zu kommen. Denn es ist nur dieses eine Gefühl, das ihm ein Recht auf ein spirituelles Leben gibt, und ihn am Herabsinken in den Egoismus bewahrt, der ihn immer vergnügungssüchtiger macht. Der Mangel und die Notwendigkeit des Erkennens des Schöpfers sollte permanent gespürt werden. Es sollte zu einer Gewohnheit werden. So wie die ständige Sehnsucht nach dem Geliebten, dessen oder deren Abwesenheit einem unerträglich ist.

Alles, was den Menschen umgibt, erstickt diesen Mangel. Seitdem er Vergnügen auf irgendeine Weise erlebt, reduziert sich der stechende Schmerz bezüglich seiner spirituellen Leere.

Folglich ist es lebenswichtig, während wir die Vergnügungen unserer Welt genießen, jene Vergnügen abzulegen, welche das Bedürfnis, den Mangel und die Leere ersticken, den Schöpfer wahrzunehmen, sowie uns unserer spirituellen Empfindungen berauben.

Im allgemeinen ist der innere Drang, den Schöpfer wahrnehmen zu wollen, eine spezifische Eigenart des Menschen. Dies bezieht sich nicht nur auf die Exemplare der Menschheit, die äußerlich menschlich aussehen.

Dieser Drang stammt von dem Bedürfnis des Menschen ab, verstehen zu wollen, wer er ist und wie er sich selbst und den Grund seines Daseins begreifen kann. Er möchte die Quelle seiner Herkunft kennenlernen. Es ist die Suche nach Antworten über sich selbst, die zu dieser Kraft führt, den Ursprung des Lebens zu suchen.

Diese Kraft lässt uns keine Bemühungen sparen, wenn es darum geht, alle Rätsel der Natur zu lösen. Kein Geheimnis, entweder in uns selbst oder in unserer Umgebung, darf unentdeckt bleiben. Jedoch ist nur das eine Sehnen wahrhaftig, nämlich solches, um den Schöpfer wahrzunehmen. Denn Er ist die Quelle von allem, Er steht über allem, und Er hat uns erschaffen. Folglich gilt: Selbst wenn ein Mensch in unserer Welt oder in anderen Welten alleine wäre, würde seine Suche nach sich selbst, ihn zu einer Suche nach dem Schöpfer führen.

Es gibt zwei Pfade, um den Einfluss des Schöpfers auf seine Geschöpfe wahrzunehmen. Der rechte Pfad stellt unabhängig davon, wie unsere Tätigkeiten aussehen, die persönliche Kontrolle durch den Schöpfer über jeden von uns dar. Der linke Pfad stellt die Kontrolle des Schöpfers in Abhängigkeit von unseren Handlungen über jeden von uns dar. In anderen Worten: Bestrafung für die schlechte Taten und Belohnung für die guten Taten.

Wenn ein Mensch die Zeit auswählt, im rechten Pfad zu sein, muss er sich selbst erklären, dass alles, was geschieht, nur durch den Willen des Schöpfers entsprechend seinem Plan abläuft. Nichts hängt vom Menschen selbst ab. In diesem Fall hat der Mensch weder Fehler und Schwächen, noch Verdienste und Stärken. Alle seine Tätigkeiten ergeben sich zwingend aus dem sich nach dem Schöpfer Sehnen, welches ihm von außen gegeben wurde.

Er muss deshalb dem Schöpfer für alles danken, was er von Ihm empfangen hat. Feststellend, dass der Schöpfer ihn so zur Ewigkeit führt, kann der Mensch Liebe für den Schöpfer empfinden.

Jeder mögliche Fortschritt ist nur unter der Bedingung der korrekten Kombination des rechten und des linken Pfades möglich. Genauer ausgedrückt, in der Mitte zwischen beiden Pfaden. Selbst wenn ein Mensch mit der richtigen Weise vom richtigen Ausgangspunkt beginnt, jedoch nicht weiß, wie er seine Richtung regelmäßig überprüfen und korrigieren kann, ist es sicher, dass er von der richtigen Richtung abzuweichen beginnt.

Selbst wenn er nur einen Millimeter an irgendeinem Punkt seiner Reise abweicht, auch wenn er die richtige Richtung beibehält, wird sich sein Fehler mit jedem Schritt erhöhen. Er wird sich weiter und weiter von seinem Ziel entfernen.

Bevor unsere Seele die spirituelle Treppe herabsteigt, ist sie ein Teil des Schöpfers, Sein winziger Punkt. Dieser Punkt wird die Wurzel der Seele genannt.

Der Schöpfer legt die Seele in den Körper, damit die Seele im Körper weilend, die Wünsche des Körpers steigern und erhöhen kann, um sich dann wieder mit dem Schöpfer zu verschmelzen.

Mit anderen Worten: Die Seele wird in den Körper platziert, was die Geburt eines Menschen in unserer Welt darstellt, so dass sie die Wünsche und das Verlangen des Körpers überwindet (und gerade ihretwegen), sogar während der Lebenszeit eines Menschen auf die Stufe hinaufsteigen kann, die sie besaß, bevor sie in unsere Welt herabstieg.

Wenn sie die Wünsche des Fleisches überwindet, steigt die Seele auf die gleiche spirituelle Stufe, von der sie herabgestiegen war. Sie erfährt weit größere Freuden, als sie bei ihrem Ausgangszustand hatte und ein Teil des Schöpfers war. Sie verwandelt sich zu einen umfangreichen spirituellen Körper, der 620mal größer ist, als die Größe des ursprünglichen Punktes war, bevor er in unsere Welt herabstieg.

Somit besteht der spirituelle Körper der Seele in seinem kompletten Zustand aus 620 Teilen oder Organen. Jedes Teil, oder Organ, wird auch ein Gebot genannt. Das Licht des Schöpfers, das vom Schöpfer Selbst ausgeht, und das gleiche ist wie das, was jeden Teil der Seele ausfüllt, wird als "die Torah" bezeichnet.

Der richtige Weg zu diesem Ziel führt entlang des mittleren Pfades, welcher das Zusammenschmelzen in ein Konzept der folgenden drei Bestandteile darstellt: Der Mensch selbst, der Weg, den er gehen muss, und der Schöpfer.

In der Tat sind alle drei Komponenten der Schöpfung anwesend: Der Mensch, bemüht zum Schöpfer zurückzukehren; der Schöpfer (der zielstrebige Mensch eifert Ihm zu) und "das dem Weg folgen", in dem Sinne, wie der Mensch den Schöpfer erreichen kann.

 

 

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Übersetzung von Peter Staaden