Die Speisetafel


 

 

Gastgeber = Gott        
Gast  =  werdender Mensch

 

Der Erzähler dieser Geschichte spricht: 

In einem hell beleuchteten Haus mit großzügigen Räumen arbeitet ein freundlich schauender Mann in der Küche. Er bereitet ein Essen für seinen lang erwarteten Gast vor. Während er über den Töpfen und den Pfannen so dahin schwebt, erinnert er sich an die Köstlichkeiten, in die sein Gast so vernarrt ist. Seine freudvolle Erwartung ist sehr offensichtlich. Mit den Bewegungen eines Tänzers deckt er den Tisch mit fünf unterschiedlichen Gängen. Nahe beim Tisch stehen zwei gepolsterte Stühle.

Ein Klopfen an der Tür meldet den Gast an. Das Gesicht des Gastgebers erhellt sich auf der Seite des Gastes und er lädt ihn ein, am Esstisch Platz zu nehmen. Der Gast setzt sich, und der Gastgeber betrachtet ihn zärtlich. Der Gast betrachtet die Delikatessen, die sich vor ihm ausbreiten, und schnüffelt diskret aus einem höflichen Abstand. Es ist offensichtlich, dass der Gast mag, was er vor sich sieht. Er drückt jedoch seine Bewunderung in einer Art taktvoller Zurückhaltung aus, ohne dabei sein Bewusstsein zu unterdrücken, dass die Speisen für ihn gedacht sind.

Der Gastgeber sagt: Setzen Sie sich, ich habe diese Dinge ganz speziell für Sie zubereitet, da ich weiß, wie sehr Sie diese bestimmten Freuden mögen. Wir beide wissen, wie vertraut ich mit Ihrem Geschmack und Ihren Essgewohnheiten bin. Ich weiß, dass Sie hungrig sind, und ich weiß auch, wie viel Sie essen können, deshalb habe ich alles genau auf die Weise vorbereitet, wie Sie es mögen, genau nach der Menge hergerichtet, dass Sie alles aufessen können, ohne eine Krume übrig zu lassen.

Der Erzähler: Wenn irgendetwas von den Speisen übrig bliebe, nachdem der Gast gesättigt ist, wären beide, Gastgeber und Gast, unglücklich. Der Gastgeber wäre unzufrieden, da dies bedeuten würde, dass er dem Gast mehr geben möchte als dieser zu empfangen bereit wäre. Der Gast wäre seinerseits enttäuscht, nicht in der Lage zu sein, den Wunsch des Gastgebers zu erfüllen, die angebotene Menge zu verzehren. Der Gast würde es außerdem bedauern, wenn er bereits satt wäre, während noch mehr Köstlichkeiten übrig sind, er jedoch keinen Platz mehr in seinem Magen hätte, sie zu genießen. Dies würde bedeuten, dass eine nicht genügende Menge des Wunsches nach Vergnügen vorhanden gewesen wäre.

Der Gast sagt mit ernster Miene: In der Tat, Sie haben genau das vorbereitet, was ich an meinem Essenstisch sehen und speisen möchte. Sogar die Menge ist genau richtig. Dies zu erhalten und zu genießen, ist alles, was ich in meinem Leben wünschen könnte. Sollte ich all das wirklich bekommen, werde ich vermutlich das größtmögliche göttliche Vergnügen empfangen.

Der Gastgeber sagt: Nun dann! Nehmen Sie alles und genießen Sie es. So erfreut es auch mich. Der Gast beginnt zu essen.

Der Gast sagt, offensichtlich genießend und mit gefülltem Munde, dennoch ein wenig beunruhigt schauend: Warum ist es so, dass je mehr ich esse, ich desto weniger die Speisen genieße? Das Vergnügen, das ich durch das Essen bekomme, stillt meinen Hunger, und ich genieße dadurch immer weniger und weniger. Je näher ich dem satt werden komme, desto weniger empfinde ich Freude bei meiner Mahlzeit. Und wenn ich schließlich die ganze Nahrung empfangen und gegessen habe, bleibt mir nichts als die bloße Erinnerung an das Vergnügen, jedoch nicht das Vergnügen selbst. Das Vergnügen war nur so lange wirklich vorhanden, während ich hungrig war. Als der Hunger dann nach und nach verschwand, war es genauso mit der Freude. Ich empfing ja genau das was ich mir so gewünscht hatte, und jetzt bin ich hier, weder mit Vergnügen noch mit Freude. Besser ich wünsche mir niemals mehr irgendetwas, und ich möchte nichts mehr haben, was mir Freude bringt, wenn dass das Ergebnis meines Hungers ist.

Der Gastgeber sagt ein wenig aufgeregt: Ich habe alles getan, was ich konnte, damit Sie es genießen. Es ist nicht mein Fehler, dass das wahre Empfangen der Freude sich sehr von der Empfindung der Freude unterscheidet, wenn das Sehnen nach ihr verschwunden ist. Auf jeden Fall sind Sie nun, von dem, was ich für Sie vorbereitet hatte, satt und erfüllt.

Der Gast erwidert sich selbst verteidigend: Durch das Empfangen von allem, was Sie für mich vorbereitet hatten, kann ich Ihnen nicht einmal danken, weil Ich aufhörte, den ganzen Überfluss zu genießen, der mir von Ihnen gegeben wurde. Jetzt fühle ich hauptsächlich eins, dass Sie mir gegeben haben, während ich Ihnen nichts zurückgeben konnte. Das Ergebnis von all dem ist, dass Sie verursacht haben, dass ich jetzt Scham und Schande empfinde. Denn ohne darüber nachzudenken und ohne dass ich es merkte hat sich nun manifestierte, dass Sie der Geber und ich der Nehmer bin.

Der Gastgeber sagt: Ich habe Ihnen nicht zeigen wollen, dass Sie der Nehmer sind und ich der Geber bin. Tatsache ist doch, dass Sie zuerst etwas erhalten haben, ohne dass es in Ihnen das Gefühl verursachte, von mir empfangen zu haben. Freundlichkeit ist meine Natur, und ich wünsche mir nichts mehr, als dass Sie meine Nahrung, mein Geben annehmen. Ich kann dies nicht ändern. Es ist meine Natur. Ich kann nur Geben. Zu Ihrer Erklärung: Ich züchte auch Fische. Die Fische interessieren sich überhaupt nicht dafür, wer sie füttert und ernährt. Ich mag auch meine Katze sehr. Sie kümmert sich ebenso recht wenig darum, aus welcher Hand ihr Futter kommt. Mein Hund Rex jedoch, interessiert sich dafür. Er nimmt keine Nahrung von irgendjemandem an. Menschen sind so strukturiert, dass es einige gibt, die alles erhalten, ohne zu erfassen, dass jemand existiert, der ihnen dies alles gibt, und sie nehmen alles einfach so als gegeben an. Einige stehlen sogar ohne Gewissensbisse, sie nehmen sich mit Gewalt das was sie benötigen von den anderen! Wenn jedoch ein werdender Mensch beginnt, einen Sinn für sich selbst zu entwickeln, beginnt er mich, den Gastgeber, zu fühlen, und es erweckt sich in ihm das Bewusstsein, dass er selbst der Nehmer, der Empfänger ist. Das hat als Ergebnis zur Folge, dass solch ein werdender Mensch Schamgefühle und Schande empfindet, sowie Selbstvorwürfe und Schmerz durchlebt.

Der Gast sagt ein wenig beschwichtigt: Aber was kann ich tun, um das Vergnügen einerseits zu empfangen, und andererseits mich nicht als der Nehmer mit Schamgefühlen wahrzunehmen? Wie kann ich das Gefühl innerhalb von mir selbst neutralisieren, dass Sie der Geber sind und ich nur der Nehmer mit leeren Händen bin? Wenn es eine Situation des Gebens und Nehmens gibt, und es mir dieses starke Schamgefühl bringt, was kann ich tun, um es zu vermeiden, es nicht spüren zu müssen? Oder könnten Sie sich möglicherweise so verhalten, dass ich mich nicht als der Nehmer, bzw. der Empfänger zu fühlen? Aber das wäre wohl nur möglich, wenn ich so ahnungslos von Ihrer Existenz wäre, so wie die Fische im Aquarium. Oder wenn ich Sie so fehlerhaft wahrnehmen würde, wie Ihre Katze, die nicht richtig verstehen kann, dass Sie alles geben und sie nur nimmt. Oder wenn ich so wäre wie ein unterentwickelter Mensch, der diese Zusammenhänge nicht wahrnehmen kann..

Der Gastgeber konzentriert sich und verengt seine Augen, er spricht bedacht: Ich denke es gibt noch eine Lösung, nach all diesen Überlegungen. Denn möglicherweise können Sie eine Handlung oder einen Gedankengang in sich selbst durchführen, welche die Empfindung des Nehmens innerhalb von Ihnen selbst neutralisiert und aufhebt?

Der Gast sagt mit leuchtenden Augen: Oh ja, ich habe es! Sie haben doch immer gewollt, mich als Ihren Gast zu haben. So werde ich morgen also wieder hier her kommen, und ich werde diesmal das Empfangen von dem was Sie mir geben wollen in so einer Art und Weise ausführen, dass es Ihnen nicht das Gefühl gibt, der Geber zu sein, sondern der Empfänger. Ich werde die Rollen herum drehen, obwohl ich selbstverständlich weiter der Empfänger sein werde, alles esse, was Sie vorbereitetet haben, jedoch werde ich mich diesmal selbst als der Geber und nicht der Nehmer wahrnehmen.

Der Erzähler: Am nächsten Tag, im gleichen Raum, hat der Gastgeber eine neue, herrliche frische Mahlzeit mit genau den gleichen Köstlichkeiten wie am Tage zuvor, vorbereitet. Er sitzt schon am Tisch als der Gast, diesmal mit einem ungewohnten, ein wenig geheimnisvoll verschlossenen Gesichtsausdruck,  herein kommt.

Der Gastgeber spricht, lächelt und strahlt vor Freude, er ahnt nichts von einer Änderung: Ich habe auf Sie gewartet. Ich bin so glücklich, Sie zu sehen, setzen Sie sich doch.

Der Erzähler: Der Gast sitzt nun am Tisch und schnuppert höflich an den Speisen.

Der Gast sagt, die Speisen aufmerksam betrachtend: Ist dies alles für mich?

Der Gastgeber erwidert: Aber selbstverständlich! Nur für Sie! Ich wäre so glücklich, wenn Sie bereit wären, alles Das von mir zu empfangen und anzunehmen.

Der Gast sagt: Bitte, ich möchte wirklich nicht alles, das ist einfach zu viel.

Der Gastgeber sagt: Ja aber, dies ist nicht wahr! Ich weiß, dass Sie sich das alles wünschen, und ich weiß, dass dies die Wahrheit ist! Warum wollen Sie es nicht zulassen und annehmen?

Der Gast sagt: Ich kann das nicht alles von Ihnen annehmen. Es verursacht in mir ein unbehagliches Gefühl.

Der Gastgeber sagt: Was meinen Sie mit unbehaglich? Ich wünsche Ihnen so sehr, das alles für sich zu haben und anzunehmen! Für wen, denken Sie, habe ich es vorbereitetet? Es würde mir so viel Bedeuten und Vergnügen bereiten, wenn Sie alles essen und genießen könnten.

Der Gast antwortet: Möglicherweise haben Sie ja recht, aber ich möchte nicht alle gefüllten Teller annehmen und essen!

Der Gastgeber sagt:  Tatsächlich, Sie bekommen nicht einfach ein essen, nein. Sie bereiten mir damit zusätzlich eine besondere Gefälligkeit, indem Sie an meinem Tisch sitzen, und das genießen, was ich für Sie gemacht habe. Nach allem, was ich vorbereitet habe, ist nicht nur alles für Sie, nein im Gegenteil. Ich kann auf diese Weise Ihr Nehmen, Ihr Essen und Empfangen von mir genießen. Deshalb ist Ihre Zustimmung meine Speisen zu essen, meine Gaben zu empfangen in Wirklichkeit kein Nehmen und  Empfangen von Ihrer Seite, sondern Sie erteilen mir eine große Gunst, eine Freude. Sie haben sozusagen all das für mich genommen und empfangen! Es sich auf Ihrer Seite gar nicht um ein Nehmen, sondern viel eher, um ein auf mich ausgerichtetes freudvolles Geben. Es hat sich also gewendet, dass es nicht Sie sind, der meine Köstlichkeiten nur empfängt und genießt, sondern dass ich es bin, der große Freude von Ihnen geschenkt bekommt. Sie sind derjenige, der mir etwas gibt und nicht andersherum.

Der Erzähler: Der Gastgeber stellt nun mit einer inständig bittenden Geste,  die schmackhaftesten Teller vor seinen noch etwas widerstrebenden Gast. Der Gast schiebt sie daraufhin  jedoch etwas von sich. Wiederum stellt der  Gastgeber sie erneut nahe vor seinem Gast, und dieser wiederum, schiebt die angebotenen Speisen zurück. Der Gastgeber seufzt, sein ganzes Wesen drückt den einen Wunsch aus, dass der Gast die Nahrung doch bitte annehmen solle.

Dann nimmt der Gast die Haltung des Gebers ein, der dem Gastgeber eine wohltuende Gefälligkeit zukommen lassen möchte.

Der Gastgeber bittet: Ich flehe Sie inständig an! Machen Sie mich glücklich indem Sie meine Speisen annehmen.

Der Erzähler: Der Gast beginnt nun zu essen, dann pausiert er, um nachzudenken. Danach beginnt er wieder zu essen und pausiert erneut. Zu jeder Zeitpunkt, als der Gast pausiert, regt ihn der Gastgeber dazu an, mit dem Essen fortzufahren. Immer erst nachdem der Gastgeber eine gewisse Überzeugungsarbeit geleistet hat, speist der Gast weiter.

Der Gastgeber stellt weiter neue Köstlichkeiten vor seinen Gast, jedes Mal mit einer Bitte, ihn zu ehren, ihm eine Freude zu bereiten, indem er die Speisen doch annehmen möge.

Der Gast sagt: Wenn ich dessen sicher sein kann, das ich esse, weil es Ihnen Vergnügen bereitet, und nicht weil ich es wünsche, dann werden Sie der Empfänger und Nehmer und Genießer, und ich werde derjenige sein, der Ihnen Vergnügen und Freude bereitet. Aber dafür muss ich ganz sicher sein, dass ich alleine ihretwegen esse, und nicht egoistisch für mich selbst.

Der Gastgeber sagt: Aber selbstverständlich, Sie essen ausschließlich für mich. Genauso ist es. Die ganze Zeit über, die Sie am Tisch saßen und nicht einen Teller probierten, bis ich Ihnen bewiesen habe, dass Sie nicht einfach nur essen, sondern vielmehr mir damit großen Genuss bereiten. Sie sind doch noch einmal gekommen, um mir eine Freude zu bereiten.

Der Gast sagt: Anfänglich hatte ich nun kein Verlangen mehr danach etwas von Ihnen anzunehmen, aber da Sie mir ja nur etwas zum Annehmen anbieten, konnte ich als der sozusagen erzwungene, beschämte Nehmer das Empfangen nicht richtig genießen, und andererseits würden Sie dann nicht die Freude erhalten, mich bereitwillig und genussvoll Ihr Angebot annehmen zu sehen.

Der ganze Ablauf wandelt sich also besser dahingehend, dass Sie als Gastgeber Ihr Vergnügen nur in dem Ausmaß empfangen können, wie ich als Gast Ihr Angebot annehme und genieße.

Der Gastgeber sagt: Ich weiß genau, wie sehr Sie diese Speisen mögen, und wie viele Sie von jedem dieser Teller essen können. Dementsprechend habe ich diese fünf Gänge vorbereitet. Schließlich kenne ich Ihre Wünsche für diese oder jene Speise ganz exakt. Das Wissen darum, wie sehr Sie meine Speisen mögen, erweckt die Empfindung Ihres Vergnügens in mir. Es bringt eine Freude in mir hervor, dass Sie meine Köstlichkeiten genießen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass das Vergnügen, welches ich aus Ihnen heraus erhalte, gut begründet und überlegt ist.

Der Gast fragt: Wie kann ich sicher sein, dass ich ausschließlich genieße, weil Sie mich dazu ermuntern und es wünschen, und weil Sie all das für mich vorbereitet haben? Wie kann ich wirklich davon tief überzeugt sein, ich Sie nicht doch aus Scham und Unkenntnis ablehne, alles von Ihnen erhalte und genieße, um Ihnen eigentlich eine Freude zu geben?

Der Gastgeber erwidert: Ziemlich einfach! Weil Sie meine Angebote zuerst völlig ablehnten, und nur nachdem Sie sicher waren, dass Sie es für mich taten, damit begannen, es anzunehmen. Nach jedem Bissen, den Sie nehmen, fühlen Sie, dass Sie es für mich tun, Sie spüren und erfassen die Freude die Sie mir damit bringen.

Der Gast sagt: Wenn ich jedes Mal, wenn ich etwas empfange, bedenke, dass ich es für Sie tue, denn sonst würde ich es ablehnen etwas zu nehmen, und es dann immer mit der Absicht verbinde, es nur für Sie zu tun , zusammen mit dem Empfangen und Genießen von Ihnen, dann werde ich die Scham und Schande los werden und werde stattdessen stolz darauf, ein gutes Gefühl bekommen, Ihnen Vergnügen zu übertragen.

Der Gastgeber sagt: Dann Essen Sie bitte alles! Sie wünschen ja alles und folglich geben Sie mir auf diese Weise Stück für Stück, Bissen für Bissen, das gesamte Vergnügen, das Sie haben können!

Der Gast spricht mit großem Vergnügen, essend und den letzten Teller beendend, aber danach immer noch nicht ganz  zufrieden und erfüllt: So jetzt habe ich alles gegessen und ich habe es genossen. Es gibt keine weitere Nahrung mehr zum Genießen. Mein Vergnügen ist nun verschwunden, da ich nun gar nicht mehr hungrig bin. Ich kann im Moment niemandem von uns irgendeine Freude bereiten. Was tue ich als nächstes?

Der Gastgeber antwortet: Ich weiß es nicht. Sie gaben und schenkten mir ein vollständiges großes Vergnügen durch das freudvolle Empfangen von mir. Was kann ich sonst noch für Sie tun, damit Sie sich immer wieder erfreuen? Wie können Sie sich wieder wünschen zu essen, wenn Sie alles aufgegessen haben?! Wie und woher bekommen Sie eine neue Lust, einen neuen Appetit?

Der Gast sagt: Ja, so wie Sie es schildern stimmt es. Mein Wunsch für mich selbst zu genießen, hat sich in einen Wunsch, Ihnen Freude zu schenken, gewandelt. Wenn ich jetzt gar nichts mehr genieße, wie kann ich Ihnen dann noch ein Vergnügen bereiten? Schließlich kann ich nicht noch den Appetit für ein weiteres Fünf-Gänge-Menü in mir erzeugen.

Der Gastgeber erklärt: Ich habe auch gar nicht mehr für Sie vorbereitet, als Sie es sich wünschten. Für meinen Teil habe ich alles getan um Sie zufrieden zu stellen. Ihr Problem ist: „Wie kann ich es nicht stoppen, mehr zu wünschen, damit ich mehr und mehr empfange“.
Oder anders gesagt: „Wie kann ich als Gast, der nur empfangen kann, weiter mehr Genuss finden, um mir, dem Gastgeber, damit eine Freude zu geben?“

Der Gast antwortet: Aber mit dem Wissen darum, wenn das zuerst empfundene Vergnügen meinen Hunger gar  nicht befriedigt und stillt, wird es auch nicht als Vergnügen gefühlt werden können. Die Empfindung des Vergnügens kommt von der Zufriedenstellung der Notwendigkeit Ihnen Freude zu bereiten. Wenn ich nicht hungrig wäre, könnte ich die Nahrung nicht genießen, folglich könnte ich Ihnen auch nichts schenken. Was kann ich tun, um in einem Zustand des konstanten Verlangens zu bleiben, und Ihnen ständig Freude zu übermitteln, indem ich neues Vergnügen empfange?

Der Gastgeber sagt: Dafür benötigen Sie unterschiedliche Quellen von Wünschen und unterschiedliche Mittel zur Zufriedenstellung. Indem Sie nur Ihren Hunger für die Nahrungsaufnahme benutzen und für sich selbst eine Freude empfangen, schalten Sie letztendlich  beides aus.

Der Gast antwortet: Ich habe die Lösung! Das Problem ist, dass ich mich selbst daran hinderte, Freude zu empfinden, weil ich mich sehr schämte und unwohl fühlte, nur der mittellose Nehmer zu sein. Durch das Erkennen, dass Sie es ja sind, der mir Alles gibt, konnte ich keinen Genuss mehr haben. Es sei denn ich empfand Sie als den Wohltäter. Erst als ich es umdrehte, und mich durch das Empfangen zum Geber machte, empfand ich weitere Freude. Ich lehnte also in solch einem Umfang das Angebotene ab, so dass die gesamten Speisen vor mir ausgebreitet wurden, dennoch konnte ich wegen des Gefühls der Schande nichts annehmen. Dieses Schamgefühl war so intensiv, dass ich zu verhungern bereit gewesen war, wenn ich damit das Gefühl der Schande hätte vermeiden können, weil ich ja der egoistische Empfangende war, der absolut nichts geben konnte.

Der Gastgebererklärt weiter: Aber danach, sobald Sie überzeugt waren, dass Sie nicht für sich selbst etwas bekamen, begannen Sie meinetwegen zu empfangen. Deswegen genossen Sie die Nahrung und das Vergnügen, welches Sie somit voll auf mich übertrugen. Aus diesem Grunde sollte das Annehmen der Speisen in Übereinstimmung mit Ihrem Willen sein. Wie kann es denn nun weiter geschehen, dass Sie mir noch weiteres Vergnügen bereiten, ohne selbst Freude am Essen zu haben, weil sich der Hunger gestillt hat?

Der Gast sagt: Ich weiß wie! Es ist nicht genug für Sie, etwas in dem Wissen darum zu erhalten, dass Sie durch mich Genuss haben. Wenn mein Vergnügen, von Ihrer Freude an mir kommt, dann ist die Quelle meines Vergnügens eigentlich nicht die Nahrung, sondern Sie sind es! Ich muss also nur Ihrer Freude fühlen.

Der Gastgeber erwidert: Ich bin völlig offen dafür.

Gast: Ja, aber von was hängt mein Vergnügen denn ab? Es ist von Ihnen abhängig, dem Gastgeber, dem ich das Vergnügen bereite. Das bedeutet, dass mein Vergnügen von der Größe meines Wunsches, Sie zu beschenken, abhängt, was wiederum der Menge entspricht, wie sehr ich Ihre Großmütigkeit als Geber empfinden kann.

Der Gastgeber fragt: Was kann ich also tun?

Der Gast spricht: Wenn ich noch mehr von Ihnen wüsste, wenn ich ein vertrauteres Verhältnis zu Ihnen hätte, und wenn Sie wirklich so großmütig sind wie ich es ja eigentlich schon sehe und weiß, dann würde sich vor mir Ihre Großartigkeit und Allmacht noch mehr enthüllen. Ich würde es somit nicht nur genießen, Ihnen Freude zu bereiten, sondern ich wäre mir auch noch zusätzlich dabei bewusst, welchem großartigen, liebenswerten Wesen ich das Vergnügen übertrage. Mein Vergnügen wäre dann proportional zur Offenbarung Ihrer Großartigkeit und Liebeswürdigkeit und Barmherzigkeit.

Gastgeber: Es liegt also an mir?

Der Gast spricht: Schauen Sie, wenn ich gebe, ist es wichtig für mich, zu wissen, wie viel ich gebe und wem. Wenn ich zum Beispiel für geliebte Personen etwas gebe, für meine Kinder, dann bin ich bereit, ihnen in der Größe meiner Liebe für sie etwas zu geben, denn dadurch genieße ich auch selbst den Vorgang meines Gebens, meiner Liebe zu meinen Kindern. Ein anderes Beispiel, wenn irgendjemand Fremdes bittend von der Straße zu meinem Haus käme, dann möchte ich ihm schon auch etwas geben. Denn ich glaube, die Qual des anderen zu spüren, mich in ihn hinein versetzen zu können, oder ich hoffe, dass mir später einmal in der gleichen Weise geholfen wird, wenn ich selbst in so einer entsetzlichen Lage wäre.

Der Gastgeber fügt an: Dieses Prinzip ähnelt dem Konzept der sozialen Wohlfahrt. Die Menschen stellten fest, dass alle darunter leiden, wenn es keine gegenseitige Unterstützung gibt, und dass sie einmal selbst leiden würden, wenn sie eines Tages die Notdürftigen sein werden. Der versteckte Egoismus der in diesem Vorgang liegt, zwingt den Menschen zu helfen, aber dies ist kein wahrhaftiges Geben. Es ist die Angst des Menschen, der sich seine Zukunft absichern möchte, der sich ausrechnet, durch sein Helfen und Geben einmal etwas für sich selbst zu erhalten.

Der Gast sagt bestätigend: Ich denke, dass wir ehrlicherweise diese Art des Gebens nicht mit in Betracht ziehen können. Das ist getarnter Egoismus. Unsere ganze Großzügigkeit ist auf diese Weise nichts anderes als verstecktes Erhalten wollen zum eigenen Nutzen, zum Zweck der Zufriedenheit von uns selbst, und denjenigen, die wir wie zum Beispiel unsere Kinder, zu lieben glauben.

Der Gastgeber fragt: Wie kann ich Ihnen also ein Vergnügen bereiten, das größer ist, als jenes, das Sie schon in den köstlichen Speisen finden, die ich Ihnen schenke?

Der Gast antwortet: Das ist nicht Ihr Problem, sondern meines. Wenn die Person, die zu meinem Haus kommt, nicht irgendeine mir unbekannte Person wäre, sondern eine sehr wichtige Persönlichkeit, würde ich sicher größeres Vergnügen dadurch erhalten, ihm etwas zu geben, als bei einer gewöhnlichen mir unbekannten Person. Dies bedeutet, dass die Freude nicht von den Speisen abhängt, sondern davon, für wen man alles vorbereitet hat!

Der Gastgeber fragt erneut: Was kann ich denn tun, damit Sie mich mehr und tiefer kennenlernen und noch mehr respektieren und bewundern?

Der Gast sagt: Da ich nicht nur für meinen eigenen Nutzen erhalten möchte, jedoch für Ihren, denn das ist eigentlich, was ich Ihnen gebe, werde ich demnach immer mehr Vergnügen bekommen, desto größer der Respekt für Sie ist, die wahrhaftige Liebe die ich für Sie empfinde. Ich benötige ein sicheres Gefühl darum, wer es ist, dem ich etwas gebe.

Der Gastgeber fragt: Wie kann ich also Ihre Wertschätzung, die Sie von mir haben, vertiefen?

Der Gast antwortet: Erzählen Sie mir etwas über sich selbst, zeigen Sie mir noch mehr, wer Sie sind! Dann könnte ich Freude nicht nur durch das Erhalten der Speisen empfangen, sondern in dem Bewusstsein, wer mir dies alles völlig freigiebig gegeben hat, und mit wem ich eine Beziehung aufgenommen habe. Selbst die kleinste Menge an Speisen zu empfangen, von einer so großmütigen Persönlichkeit, wird eine viel größere Menge an Vergnügen wert sein. Das Vergnügen wächst im Verhältnis, wie groß und liebevoll ich Ihr Wesen und Dasein in Betracht ziehe.

Der Gastgeber sagt: Das bedeutet, damit das Vergnügen noch größer wird, muss ich mich selbst mehr öffnen, und Sie müssen so etwas wie eine Ähnlichkeit von mir, in sich selbst entwickeln.

Der Gast sagt: Ganz genau! Das ist es, was in mir einen neuen Hunger, ein neues Verlangen bewirkt. Der Wunsch, Ihnen zu geben, wächst im Verhältnis zu Ihrer Größe, und nicht weil ich nur der Empfindung der Schande entgehen möchte, denn die Schande verhinderte es, dass ich meinen Hunger stillte, meinen Verlangen nachgeben und genießen konnte, wie Sie es sich für mich wünschten.

Der Gastgeberspricht und fragt: Auf diese Weise fangen Sie damit an, nicht den Hunger, sondern meine Großmütigkeit und das Verlangen, mir Vergnügen zu bereiten, wahrzunehmen. Somit beginnen Sie, nicht nur den eigenen Appetit zu stillen, denn er ist es nicht, der Sie zu mir führte, sondern meine Großartigkeit und Barmherzigkeit und den Wunsch mich zufrieden zu stellen?

Der Gast erwidert: Was wäre daran falsch? So kann ich von den Speisen um ein vielfaches mehr Vergnügen empfangen, als die Nahrung selbst wirklich geben kann, denn ich füge zu dem Hunger einen zweiten Wunsch hinzu – einen Wunsch, Sie zu beschenken.

Der Gastgeber sagt: Den ich dann auch noch erfüllen muss.

Der Gast verneint: Nein, diesen Willen und seine Erfüllung bringe ich in mir selbst hervor. Dafür benötige ich nur eines, Sie zu kennen. Enthüllen und offenbaren Sie sich mir mehr,  und ich erstelle und erlerne innerhalb von mir, ein Bedürfnis Sie zu beschenken. Dann empfange ich Vergnügen vom Geben und nicht von der Beseitigung der Scham.

Der Gastgebersagt: Was werden Sie davon haben, was werden Sie gewinnen, außer der Tatsache, dass sich Ihr Vergnügen noch mehr erhöht?

Der Gast spricht, offensichtlich darauf anspielend, dass dies der wichtigste Punkt von allem ist: Es gibt einen anderen großen Gewinn: Wenn ich in mir einen neuen Wunsch kreiere, abgesehen von dem angeborenen innewohnenden instinktiven Hunger, werde ich der Meister dieses neuen Willens zu Schenken. Ich kann ihn immer erhöhen, jeder Zeit mit Vergnügen und Freude füllen, und spende immer alles Ihnen, indem ich Vergnügen empfange.

Der Gastgeber fragt: Hört die Erfüllung nicht auf, genau wie der Hunger irgendwann den Willen verliert?

Der Gast sagt: Nein, denn ich kann jedes Mal innerhalb von mir, einen großartigeren Eindruck von Ihnen entwerfen. Daraus entstehen ständig neue Wünsche zu geben und zu schenken, und indem ich von Ihnen empfange, werde ich diese Willen ausführen. Dieser Prozess kann unbestimmt lange weitergehen.

Der Gastgeber hackt nach: Wovon hängt es also ab?

Der Gast antwortet: Vom ständigen Entdecken neuer tugendhafter Virtuositäten Ihres Daseins und Ihrer Größe. Ich muss unumstößlich einsehen und erkennen, ja spüren, dass Sie mich ernähren und am Leben erhalten weil Sie mich lieben.

Der Gastgeber sagt: Das heißt, dass für eine konstante Genusssucht, damit sogar durch das Erhalten selbstsüchtiger Freuden der Hunger nicht aufhört, sondern er sich vielmehr durch dieses Empfangen noch steigert, die Kreation eines neuen Hungers gebildet werden muss: nämlich der Wille, den Geber, nämlich mich, wahrzunehmen und zu spüren.

Der Gast bejaht: Ja zusätzlich zum Empfangen des Vergnügens der  Köstlichkeiten die Sie mir umsonst und großzügig anbieten, wird ein Sinn für die Größe des Gebers entwickelt. Die Entdeckung des Gastgebers und der Köstlichkeiten werden sozusagen das Gleiche. Das Vergnügen bringt somit aus sich selbst ein Bewusstsein des Gebers hervor, nämlich, dass der Geber, die Nahrung und die Eigenschaften des Gebers, ein und dasselbe sind.

Gastgeber: Es wendet sich also dahin führend, dass der Geber sich offenbart, wie Sie es sich unterbewusst schon wünschten. Für Sie stellt dies tatsächlich eine Erfüllung Ihrer Wünsche dar.

Der Gast resümiert: Am Anfang habe ich nicht einmal verstanden, dass es das war, was ich wollte. Ich sah nur die köstlichen Speisen und dachte, dass ist es, was ich wünschte.

Der Gastgeber erklärt: Ich bewirkte dies aus einem bestimmten Grunde! Damit Sie stufenweise Ihren eigenen unabhängigen Willen vorantreiben konnten, den Sie in sich selbst erstellten, und damit Sie ihn durch sich selbst erfüllen würden. Das bedeutet, dass Sie den Platz des Gastes und des Gastgebers gleichzeitig einnehmen.

Der Gast fragt erstaunt: Warum ist dies alles so aufgebaut?

Der Gastgeber erzählt: Mit dem Ziel, Sie zur Vollständigkeit Ihres Bewusstseins zu führen. Damit Sie jede Sache, jedes Verlangen in der Gesamtheit wünschen und so die maximale Erfüllung erreichen. Sie sollen somit jeden Wunsch richtig tief genießen, und das Vergnügen soll durch nichts begrenzt und gebunden sein.

Der Gast fragt etwas deprimiert: Aber weshalb wusste ich dies nicht von Anfang an? Schließlich war alles, was ich um mich herum sah, die Objekte die ich mir wünschte, - ohne dabei zu vermuten, dass Sie es sind, was ich mir wirklich wünschte.

Der Gastgeber klärt auf: Es geschah speziell so, damit Sie von einer Situation, in der Sie mich nicht fühlten, von sich selbst aus zu mir kamen, um diesen inneren Willen in sich selbst zu erzeugen. Aus freien Stücken, ohne Zwang, sozusagen.

Der Gastreagiert verwirrt: Aber, wenn ich diesen Willen in mir erstelle, ihn selbst erzeuge und aufbaue, wo sind Sie in diesem Vorgang?

Der Gastgeber sagt: Ich bin es, der diesen einfachen, ersten,  egoistischen Willen in Ihnen kreierte, den animalischen Hunger,  um erst einmal damit anzufangen. Ich entwickele ihn dann weiter, indem ich Sie ständig mit neuen Objekten der Freude umgebe und Sie animiere diese dann zu genießen.

Der Gast fragt erstaunt: Aber für was ist das alles gut?

Der Gastgeber spricht: Mit dem Ziel, Sie davon zu überzeugen, dass es keine Jagd nach irgendeinem möglichen Vergnügen geben kann, das Sie wirklich dauerhaft und tiefgreifend erfüllt und zufrieden stellt.

Der Gast antwortet: Das kann ich gut verstehen: In dem Moment, an dem ich bekomme, was ich wünsche, ist das Vergnügen sofort verschwunden, und trotzdem sehne ich mich sofort wieder und wieder nach entweder etwas Neuem, Besserem, Schönerem und Großartigerem, oder nach etwas ganz und gar Unterschiedlicherem als zuvor. Auf diese Art und Weise bin ich auf einer konstanten Jagd nach Vergnügen, erreiche die tiefe Freude und Befriedigung jedoch tatsächlich niemals vollständig, denn in dem Moment, in dem ich sie in meinen Händen halte, entgleitet sie mir bereits.

Der Gastgeber sagt: Genau aus diesem Grund entwickeln Sie Ihre Wahrnehmung von sich selbst, und erreichen nach und nach das Bewusstsein der Sinnlosigkeit dieser Art der Existenz. Bei dem einen dauert es lange, bei dem anderen geht es schneller.

Der Gast sagt: Ja, ich verstehe das. Aber, während dieses Vorgangs des sich immer wieder Enttäuschens und neue Wünsche zu benötigen, entwerfen Sie in mir ein Bild von dem was wirklich geschieht. Ich würde gerne die Bedeutung, den Sinn und Zweck von allem, was stattgefunden hat, richtig vollständig verstehen!

Der Gastgeber sagt: Dieses Bild wird nur dann vollkommen aufgedeckt, wenn Sie völlig von der Ziellosigkeit Ihrer egoistischen Existenz überzeugt sind, Sie werden sich bewusst werden, dass eine neue Form der Handlungsweise und des Denkens  erforderlich ist. Sie müssen Ihre Wurzel und die Bedeutung Ihres Lebens korrekt kennen lernen.

Der Gast spricht enttäuscht: Aber dieser Prozess kann Tausende von Jahren dauern. Wann wird er beendet sein?

Der Gastgeber erklärt: Nichts wird in Ihrer Welt unnötig erschaffen. Alles, was existiert, ist zum alleinigen Zweck des Hervorbringens der Schöpfung und dem erkennen des tieferen Sinns vorhanden. Es geht darum eine andere Form der Existenz kennen zu lernen, ein neues tieferes und weiteres Bewusstsein zu erlangen. Dieser Prozess ist langsam, denn jeder kleinste Wunsch, jedes unbedeutendste Verlangen sollte zugelassen werden, und dann in der Art und Weise als nicht tief befriedigend erkannt werden, in dieser seiner vorbereiteten, einleitenden Form. Es geht nicht darum etwas von den Verlangen zu negieren, es gibt nichts Negatives oder Unzulängliches daran. Es geht darum eine Art inneres Häkchen zu machen, zu bemerken, was hier vor sich geht und wie es zusammenhängt. Die Schöpfung ist zu jeder Zeit perfekt und in Harmonie. Es gibt nichts zu verbessern sondern nur etwas zu bemerken! Die Verlangen haben also ihren Sinn.

Der Gast fragt demütig: Gibt es denn viele solcher Wünsche oder Verlangen?

Der Gastgeber erklärt: Eine große Menge! Direkt proportional zum Vergnügen, das Sie zukünftig empfangen sollen. Das Vergnügen vom reinen Erhalten der Nahrung ändert sich nicht. Sie können mehr als einmal am Tag essen. Auch das Volumen Ihres Magens bleibt erhalten. Folglich ändert sich auch nicht die Menge, die von mir kommt, und von Ihnen empfangen wird. Jedoch, indem Sie an meinem Tisch zu meinem Wohle speisen, erschafft sich schon durch den bloßen Gedanken in Ihnen ein neuer Wille und eine neue Freude, - abgesehen von dem Vergnügen für die Speisen. Dieses Vergnügen wird in der Größe und in der Energie gemessen, in Quantität und Qualität, entsprechend der Menge des Vergnügens, welches Sie vom Speisen an meinem Tisch zu meinem Gefallen erhalten.

Der Gast fragt: Wie kann ich meinen Wunsch steigern, Vergnügen für Ihr Wohl zu empfangen?

Der Gastgeber sagt: Das hängt von Ihrer Anerkennung und vom Respekt für mich ab, davon, wie groß Sie mein Wesen, meine Allmacht und Barmherzigkeit erachten und erfassen.

Der Gast fragt weiter: Wie kann ich also meine Würdigung in Bezug auf Sie erhöhen?

Der Gastgeber spricht: Sie müssen dafür einfach mehr über mich wissen, und mich in jeder Erscheinung und Tätigkeit erkennen, die ich in Ihnen durch Sie erschaffe. Sie müssen beobachten und überzeugt sein, wie großartig und liebevoll ich wirklich bin, -absolut von Herzen sicher sein, dass ich allmächtig, barmherzig und freundlich bin.

Der Gast bestätigt: Ja, so zeigen Sie sich!

Der Gastgeber klärt auf: Wenn Ihre Bitte, ihr Verlangen von einem Wunsch abstammt, nämlich mich zu beschenken, werde ich mich enthüllen. Wenn jedoch der Wunsch davon abstammt, sich selbst eine Freude zu bereiten, indem sie mich wahrnehmen um für sich selbst einen Gewinn zu erzielen, werde ich es nicht nur unterlassen, mich Ihnen zu offenbaren, sondern ich werde mich immer tiefer verbergen.

Der Gast fragt: Warum tun Sie das? Ist es nicht das gleiche für Sie, in welche Weise ich von Ihnen etwas empfange? Schließlich wünschen Sie für mich, dass ich genieße und Freude empfange. Sie haben alles und mich nur aus diesem einen Grunde erschaffen.  Sie haben und sind alles, ich habe und bin Nichts. Warum sich also vor mir verstecken?

Gastgeber: Wenn ich mich völlig offenbaren würde, würden Sie so viel Freude von meiner ewigen Allmacht und Vollkommenheit empfangen, dass Sie nicht in der Lage sein werden, diese Freuden meinetwegen zuzulassen und zu verarbeiten. Dieser Gedanke hätte nicht einmal Ihren Verstand durchquert, schon würden Sie sich danach wieder beschämt und schlecht fühlen. Sie würden förmlich zerplatzen vor Scham und dem Erkennen Ihrer eigenen Unzulänglichkeit und Fehlerhaftigkeit. Dem Unterschied von Ihnen zu mir. Ihr beschränktes Herz, ihre beschränkte Liebesfähigkeit könnte diese ganze Liebe und Vollkommenheit nicht umfassen. Außerdem ist das erschaffen von Vergnügen unaufhörlich, es ist ewig, und geschieht immer weiter und weiter. So wie wir am Anfang unseres Gespräches gesehen haben, würde Ihr Verlangen und Ihre Bedürfnis eliminiert werden, wenn Sie keinen Hunger mehr hätten, wenn es keine weitere Steigerung der Verlangen gäbe. Sie bleiben dann ohne einen Willen wunschlos zurück. Sie hätten alles und könnten alles umfassen, hätten aber kein Verlangen mehr.

Der Gast nickt bestätigend und schließlich erkennend: Das ist also der Grund, weshalb Sie sich vor mir verbergen, - um mir zu helfen und um mir ein Leben mit Wünschen und ihren Erfüllungen,  einem sich steigernden, freudvollen Ziel zu schenken! Ich dachte schon, dass es aus irgendeinem anderen Grunde so wäre, dass es so ist, weil Sie mir nicht wünschten, dass ich Sie vollkommen erkenne, oder Sie mich einfach nicht mögen.

Der Gastgeber spricht: Mein größter Wunsch ist, dass Sie mich richtig und jeder Zeit wahrnehmen werden und nahe bei mir sind. Ich habe nur einen Wunsch Sie gemäß Ihres Verlangens, Ihrer Absicht und Intension zu beschenken. Aber was kann ich tun, wenn Sie in dem Moment des Empfangens der Freude nicht dazu in der Lage sein werden, die Freude wahrzunehmen? Sie löscht sich aus, wie wir gesehen haben, wenn Sie noch nicht weit genug entwickelt sind, Ihre Wünsche und Verlangen richtig einzuordnen und zu erkennen wie alles zusammenhängt. Wäre das nicht das gleiche wie Sterben, wie tot sein, wenn ich mich auf einen Schlag offenbaren würde?

Der Gast erwidert: Ja aber, wenn ich von Ihnen teilweise in Unkenntnis bin, wie kann ich denn irgendeinen richtigen Fortschritt erzielen? Alles hängt davon ab, wie viel Sie sich mir zeigen.

Der Gastgeber sagt: In der Tat, nur das Gefühl meiner Anwesenheit erzeugt in Ihnen die Fähigkeit, zu wachsen und zu empfangen. Ohne diese Wahrnehmung schlucken Sie einfach alles herunter, und schon ist das Empfinden der Freude vorbei. Deshalb ist es so, dass, wenn ich vor Ihnen erscheine, Sie sich sehr davor schämen, einen Sinneseindruck des Gebers, also von mir, zu bekommen. Sie verdrängen das, können es nicht erfassen, sich es nicht bewusst machen einen Willen wie den meinigen zu erhalten, die gleichen Eigenschaften wie die des Gebers zu empfangen.

Der Gast fleht: Bitte enthüllen Sie sich vor mir so bald wie möglich.

Der  Gastgeber sagt: Ich will es, aber nur soweit, dass Sie davon profitieren können, obwohl ich mich Ihnen immer zeigen möchte. Schließlich verbarg ich mich zu dem Zwecke, damit ich für Sie die Bedingungen der freien Wahl gestalten konnte, und Sie frei ausführen und auswählen, Sie unabhängig an meine Anwesenheit denken können. So geschieht alles ohne Druck und Zwang von meiner Seite.

Der Gast fragt: Also, wie werden Sie sich mir enthüllen?

Der Gastgeber sagt abschließend: Ich tue es langsam und stufenweise. Jeder Grad der Enthüllung wird eine Welt genannt. Von dem am meisten verschleierten Niveau bis zur höchsten offenbarten Stufe.

 

E N D E

 

 

 

 

Adaption und freie Übersetzung eines Textes von Rabbi Laitman durch Peter Staaden

 

 

 

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