Kabbala - Lehrgang


Lektion 1

 

Ich hoffe, dass ich Ihnen eine Gesamtübersicht von der Wissenschaft der Kabbala geben kann, damit Sie, nachdem Sie ein Minimum an Kenntnis der Grundlagen gewonnen haben, alleine fortschreiten können. Wenn Sie wünschen, weitergehende Kenntnisse zu erhalten, um ein konkretes Verständnis der spirituellen Welten zu bekommen, folgen Sie am besten mit Ihren Studien unserer Hauptgruppe. Ich werde nun so komprimiert wie möglich versuchen, die Vorgänge zu erklären, die sich in den spirituellen Welten abspielen.

Alle unsere Kenntnisse der spirituellen Welten stammen von den Personen ab, die persönlich erfolgreich gewesen sind, die Wahrnehmung der spirituellen Welten zu erreichen und die Mechanismen und die Struktur derselben in ihren Werken zu beschreiben. Sie haben uns ebenfalls Methoden übermittelt, damit wir diese Welten kennen lernen können. Dank der so entstandenen Methodik werden wir, in dieser Welt lebend, genauso wie diese Personen in die spirituellen Welten eindringen. Wir werden ebensolche Kenntnisse erwerben und es erreichen, die absolute Vollkommenheit wahrzunehmen, sowie ein Verständnis vom göttlichen Willen zu bekommen. Kurz wir werden uns selbst besser kennen lernen.

Unsere Kurse basieren auf drei Quellen: Dem Sohar von Rabbi Shimon Bar Yohai, der um das 4.Jahrhundert unseres Zeitalters geschrieben wurde, den Werken des Kabbalisten Ari, der im 16. Jahrhundert in Safed lebte, und den Werken des Rabbi Yehuda Ashlag, des „Baal HaSulam”, der gegen Mitte unseres Jahrhunderts gelebt hat. Diese drei Kabbalisten sind ein und die selbe Seele, die nacheinander in drei Körpern Mensch geworden ist, um jedes mal eine neue Methode zu übermitteln, die es uns erlaubt, die spirituellen Welten zu meistern, sowie das Studium der Kabbala für die folgenden Generation zu vereinfachen.

Den Höhepunkt ihrer Verwirklichung hat diese Seele im Laufe ihrer letzten Inkarnation erreicht, indem sie Rabbi Yehuda Ashlag, dem Baal Sulam, Leben einhauchte. Diese Seele ist in diese Welt herabgestiegen, und hat vom höchsten Stand ihres Bewusstseins damit begonnen, uns ausführliche Erklärungen über die Struktur der spirituellen Welten zu geben, sowie von der Entstehung des ersten Geschöpfes, bis hin zur Vollendung des Universums.

Rabbi Yehuda Ashlag erklärt uns, dass „das Licht vom Schöpfer ausgeht", dies ist, was unter dem Verlangen verstanden werden soll, die Geschöpfe zu erschaffen, um ihnen Freude und Vergnügen zu bereiten. Diese Phase0 wird "Nullpunkt" Shoresh oder Keter genannt.

Daraufhin kreiert dieses vom Schöpfer ausströmende Licht ein Gefäß, welches Ihm durch sein Verlangen, Freude zu geben, vollkommen entspricht. Es füllt das Gefäß und empfindet dabei Freude. Diese Phase wird Phase1, Alef oder Chochma genannt.

Die Eigenschaft dieses Lichtes besteht darin, ohne jeden Vorbehalt zu geben und Vergnügen zu bereiten. Die Eigenschaft des Gefäßes besteht darin, zu empfangen und sich zu erfreuen. Wenn das Licht nun in das Gefäß eindringt, beginnt es, ihm seine Eigenschaften zu übermitteln, was dazu führt, dass sich daraufhin das Gefäß wünscht, diesem Licht ähnlich zu werden. Es will nun ebenso ohne Vorbehalt geben, aber es lehnt ab etwas zu bekommen, da es nichts zu geben hat. Dieser Vorgang entspricht der Phase2, Bet oder Binah.

Das Gefäß, dass diesen Vorgang als eine Niedergeschlagenheit erlebt, beginnt, über das Ziel der Schöpfung nachzudenken, welches es ja ist, zu Erschaffen und Freude zu bereiten. Während dieser Überlegungen kann dieses Gefäß sich jedoch erst erfreuen, wenn es einen gewissen Anteil vom Licht empfängt. Die folgende Phase entspricht also dem Wunsch zu empfangen, sagen wir etwa 10 % vom Licht und der Freude,  aber mit einer Absicht, die so auf den Schöpfer ausgerichtet ist, nicht auch noch den Rest des Lichtes zu empfangen. Dieser Prozess entspricht einer 3. gemischten Phase, Gimel, oder Zeir anpin (kleines Gesicht). 

Nach diesem Zustand, der von zwei anfänglich gegensätzlichen Elementen hervorgegangen ist, entdeckt das Gefäß erneut das Verlangen, dass es viel natürlicher wäre, zu empfangen, als ohne Einschränkung zu geben, was ja dem nicht empfangen entspricht. Seine ursprüngliche Eigenschaft nur zu empfangen und sich zu freuen, kommt wieder auf. Das Licht der Chassadim (Licht mit der Eigenschaft ohne Vorbehalt zu geben), welches nur etwa 10% des Gefäßes gefüllt hatte, kann seine Eigenschaften, ohne Einschränkung Freude zu geben, nun nicht übertragen. Es dominiert jetzt, die ursprüngliche Eigenschaft des Gefäßes, welches das Empfangen ist,  über der ersten äußeren Transformation des vorhergehenden Verlangens, Freude zu geben.

Aus diesem Prozess resultierend, beschließt das Gefäß, sich nun 100 % mit Freude zu füllen, also das ganze Licht in sich aufzunehmen. Das entspricht der Phase4, Dalet oder Malchut. Ist dieses Gefäß völlig mit Licht angefüllt, wird es als authentisch betrachtet. Es ist nun ein wahres Geschöpf, eine authentische Person, weil sein Verlangen aus ihm selbst entstanden ist. Was unterschiedlich zu dem Gefäß der Phase Alef ist, welches keine persönlichen Bestrebungen hatte zu empfangen, und vom Licht passiv gefüllt war, so wie in dieser Phase das Verlangen des Lichtes des Schöpfers war.

Nur im Laufe der Phase4 entscheidet sich das Geschöpf wirklich selbst, das Licht zu erhalten, und es vom Schöpfer ausströmend zu empfangen. Das im Geschöpf ursprünglich vorhandene Verlangen, die durch das Licht verschafften Freuden zu empfangen, erscheint nun erstmals innerhalb des Geschöpfes selbst.

Die Phasen von Chochma (Phase1), Binah (Phase2), Zeir anpin (Phase3), und Malchut (Phase4) werden die vier Phasen der Übertragung des direkten Lichtes genannt, welches vom Schöpfer ausströmt, um das Verlangen des Empfangens zu erschaffen,  das heißt: Um ein authentisches Geschöpf zu erschaffen.

Es existiert nichts, außer dem Verlangen des Schöpfers, welches darin besteht Freude zu geben, und dem Wunsch der Schöpfung der daraus besteht zu empfangen, Freude zu empfinden. Alles ist diesem Prozess untergeordnet. Was wir auch immer über die Schöpfung in allen Phasen ihrer Entwicklung sagen mögen: Unbelebt, pflanzlich, tierisch und menschlich, alles ist Verlangen, einen bestimmten Lichtanteil zu empfangen, alles ist Verlangen Freude zu empfinden.

Der Schöpfer hat die Schöpfung erschaffen, damit, wenn sie das Licht empfängt, sie nicht selbstsüchtig Freude genießt, sondern in absoluter Vollkommenheit erlebt, dass die Freuden in der Unendlichkeit unbeschränkt vorhanden sind. Wenn das Licht das Gefäß füllt, und es dann völlig ausgefüllt hat, kann dieses Gefäß nichts mehr empfangen, weil das Licht das Verlangen austilgt, und das Genießen verschwindet mit der Auslöschung des Verlangens.

Es ist nur in einem Fall möglich, uneingeschränkt und grenzenlos zu empfangen,  wenn der Mensch in einer nicht auf sich selbst ausgerichteten Haltung empfängt. Anders ausgedrückt, wenn er Freude empfindet, um jenem Freude zu geben, der gibt. Aus Erfahrung wissen wir alle, dass selbst wenn wir sehr großen Hunger haben, und wenn wir mit dem Essen beginnen, nach Ablauf einer gewissen Zeit unser Hunger in dem Punkt gestillt ist, dass wir kein weiteres Verlangen nach Essen mehr spüren, auch wenn die dargebrachten Speisen die aller köstlichsten sind.

Demnach ist das Vergnügen, welches wir wahrnehmen begrenzt, zwischen dem Vergnügen an sich, und dem Verlangen nach dem Vergnügen. Sobald das Vergnügen in das Verlangen nach Vergnügen eindringt, beginnt es das Vergnügen zufrieden zu stellen, und das Verlangen noch weiteres Vergnügen zu empfinden, löst sich zunehmend auf. Ist das Vergnügen größer als das Verlangen, verursacht es sogar eine Abneigung und einen Widerwillen.

Wie kann man das Vergnügen zu etwas Vollkommenem und Uneingeschränktem umwandeln? Zu dieser Frage ist uns ein besonders Modell vom Schöpfer gegeben worden. Demnach gilt: Wenn der Mensch nicht nur Vergnügen dabei empfindet, wenn er es für sich selbst empfängt, sondern Freude daran hat, anderen Vergnügen zu bereiten, dann ist dieses Vergnügen unendlich. Denn nun hängt es von der Quantität und von der Person ab, der er Vergnügen breiten möchte, und je größer die Menge des Gebens ist, desto größer ist das Vergnügen welches der Mensch empfindet. Diese geistige Haltung zeugt vom ewigen Dasein, der Vollendung, und sie entspricht den göttlichen Eigenschaften. Dies ist auch genau der Zustand, den der Schöpfer der gesamten Schöpfung, zu bringen wünscht.

Wenn das Geschöpf sich ausschließlich wünscht zu empfangen, befindet es sich natürlicherweise  in einem geschlossenen Kreis, und es tut gut daran, dieses Gefühl zu spüren, dass es innerhalb dieses Kreises ist. Könnte das Geschöpf das Vergnügen fühlen, welches der Schöpfer empfindet, indem er Freude gibt, würde es sich unendlich am Bild der Mutter erfreuen, die ihrem Kind ohne Vorbehalte gibt.

Die optimale Methode entspricht der Vollendung. Das Licht trägt keine einfachen Freuden mit sich, sondern es handelt sich um eine Wonne, die durch das uneingeschränkte Bewusstsein, um das unendliche Dasein, der Kenntnis von Ihm, der Analyse von sich selbst, und durch das Gefühle von Ewigkeit, Vollkommenheit und Hochgenuss verschafft wurde, welches alles durchdringt. Dieser ideale Ablauf entspricht exakt dem Schöpfer, der das Licht ohne Vorbehalt dem Geschöpf gibt. Das Geschöpf stimmt unter der Bedingung zu, das Licht zu empfangen, wenn es damit dem Schöpfer Vergnügen bereitet. Diese Methode wird als “gegenseitig” bezeichnet, es trägt den Namen >“reflektiertes Licht” im Unterschied zum “direkten Licht”, welches vom Schöpfer ausgeht.

Um diese Methode zu verwirklichen, ist es vor allem notwendig, dass ein Verlangen vorhanden ist, welches das direkte Licht, hin zum Geschöpf zieht. Danach platziert das Geschöpf eine Art "Schirm" (Schutzschirm) auf der Strecke dieses Lichtes. Einen Schirm, der ein Hindernis für die Durchdringung der Freuden darstellt, die zu persönlichen Zwecken empfunden wurden, und der gewissermaßen sagen würde: Dass er zwar die Freuden von Ihm (dem Schöpfer) empfangen könne, aber nur in einer Portion und Menge, die dem entsprechen würde, was er (der Schirm) ohne Vorbehalt geben könne. Mit anderen Worten: In einer Absicht, die auf den Schöpfer ausgerichtet ist. Anders dargestellt findet der folgende Austausch statt: Der Schöpfer verschafft dem Geschöpf ein Vergnügen, dieses stimmt dem Empfinden und dem Empfangen dieses Vergnügens unter der einzigen Bedingung zu, dass es dabei dem Schöpfer Vergnügen bereitet.

Der Baal HaSulam zieht das sehr einfache Beispiel des Gastes und des Gastgebers heran. Der Gastgeber bietet seinem Gast einen mit köstlichen Speisen gedeckten Tisch an. Der Gast setzt sich, aber er wagt es nicht etwas davon zu essen. Zunächst, weil er sich nicht in der Position fühlen möchte etwas zu empfangen, danach, weil er nicht genau weiß, in welchem Punkt der Gastgeber in seinem Verlangen aufrichtig ist, ihn zu erfreuen. Der Gast fühlt sich beschämt, in der Position desjenigen zu sein der empfängt, während der Gastgeber etwas gibt. Deshalb lehnt der Gast was ihm offeriert wurde ab, und beabsichtigt damit, das echte Verlangen des Gastgebers kennen zu lernen.

Wenn der Gastgeber infolge dessen beginnt, seinen Gast zu bitten und weiterhin darauf besteht, ihm doch die Ehre zu erweisen etwas von dem Angebotenen anzunehmen,   indem er ihm auch noch zusätzlich versichert, dass er ihm damit ein großes Vergnügen bereiten würde, erst dann, nachdem der Gast bereits mehrmals abgelehnt hat, aber nun gänzlich davon überzeugt ist, dass er dem Gastgeber eine Freude bereiten würde, beginnt er zu essen. Aber dieses Mal fühlt sich der Gast in der Position einer Person, die nicht nur etwas empfängt, sondern auch zusätzlich dem Gastgeber etwas gibt.

Die Rollen habe sich nun umgedreht. Selbst wenn es der Gastgeber war, der alle Speisen in seinem eigenen Haus vorbereitet hat und an seinen eigenen Tisch einlud, versteht er: Dass sein Verlangen Freude zu bereiten ausschließlich von seinem Gast abhängt, der den Erfolg des ganzen Unternehmens bestimmt, und folglich die Situation lenken kann.

Der Schöpfer hat die Geschöpfe insbesondere dazu geschaffen, damit sie durch die Einwirkung des Lichtes beginnen, ein Schamgefühl wahrzunehmen, sowie von ihrem Recht der freien Wahl gebrauch machen, nämlich von ihrem freien Willen. So erreicht das Geschöpf ein Niveau, welches sich durch die Tatsache charakterisiert, dass es empfängt und Freude empfindet, jedoch in einer unpersönlichen Absicht, die auf das Wohl des Schöpfers ausgerichtet ist. In diesem Fall wird das Geschöpf dem Schöpfer gleich, Malchut (Phase4) erhebt sich auf das Niveau von Keter (Nullpunkt), und erwirbt die göttlichen Eigenschaften.

Diese göttlichen Eigenschaften, Charaktermerkmale und Wahrnehmungen entziehen sich jeder Beschreibung. Wir können sie nicht begreifen. Die Durchdringung der spirituellen Welten entspricht selbst wenn sie sich nur mit einem Grad Ähnlichkeit zum Schöpfer erhebt, der Ewigkeit, absoluter Freude und Bewusstheit. Es ist jedoch unmöglich, wie auch immer dieses letzte Niveau unserer Welt aussehen wird, dies mit Hilfe unserer Sprache auszudrücken.

Die Wissenschaft der Kabbala untersucht die fortschreitende Entwicklung der Schöpfung. Die Kabbala unterrichtet uns über den Weg, den unsere Welt und alle Welten, sowie die Gesamtheit des Universums durchqueren muss, indem zunehmend eine Wiederherstellung eine Korrektur (Reparatur) durchgeführt wird, um das Niveau des Schöpfers, den höchsten Grad der Vollendung und der Ewigkeit zu erreichen. Wir müssen diese Korrektur durchführen, während wir in unserer Welt, in unseren Körpern und in unserem Alltag leben.

Die Kabbalisten haben diesen Grad der Vollkommenheit bereits erreicht. Sie haben ihn für uns beschrieben, indem sie mitteilten, dass alle Seelen, jede zu ihren Zeit dort ankommen muss. Solange, die letzte Seele diesen Weg noch nicht durchquert hat, wird der Zyklus der Seelen, ihr Abstieg in diese Welt, die der einzige Ort ist, an dem die Korrektur stattfinden kann, fortgesetzt. Nur so können die Seelen zu den spirituellen Welten gelangen und das Niveau des Nullpunktes Keter, erreichen.

Eine Frage stellt sich: Kann dieser Vorgang im Laufe nur eines Lebens stattfinden? Nein, das ist nicht möglich. Wenn der Mensch geboren wird, verkörpert sich eine Seele in ihm, die bereits in diese Welt gekommen ist,  schon so manche Wiederherstellungsstufen beschritten hat, und eine gewisse Erfahrung mitbringt. Deshalb sind die Menschen, die heute geboren werden, sehr viel intelligenter und erprobter. Sie sind wegen den derzeitigen Bedingungen, des technischen und kulturellen Fortschritts, für alle möglichen Umwandlungen unserer Gesellschaft bereit und aufgeschlossener.

Das Verlangen unserer Generation, die Kabbala zu studieren wird immer stärker. Die Seelen haben bereits eine solche Erfahrung im Laufe der früheren Leben gesammelt, und ein solches Bewusstsein erreicht, das eine Person in  zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre ohne die Suche nach spirituellem Wissen nicht leben kann. Dagegen spürten früher nur einige Einzelne unter Millionen, ein vages Bedürfnis nach Spiritualität.

Bereits in einigen Jahren wird es im Laufe eines Lebens möglich sein, und später in sogar noch weniger Zeit, die Erkenntnis der spirituellen Welten zu erreichen. Dies ist die Absicht der Schöpfung, so ist es vorherbestimmt. Wir sind alle Fragmente von nur einem, und dem selben Malchut (Phase4). Wir werden alle mit bestimmten Eigenschaften, und mit einer ganz präzisen Rolle für diese Welt ausgestattet.  Durch die Umwandlung dieser unserer Eigenschaft, unter der Einwirkung verschiedener Faktoren in unserer Welt, sowie durch das Studieren des speziellen Systems der Kabbala, schreitet jedes dieser Fragmente damit fort, seine Korrektur durchzuführen, und den höchsten Grad zu erreichen.

Der Weg der Fragmente wird im voraus von Oben bestimmt. Wir kommen bereits mit einer bestimmten Seele und bestimmten Qualitäten auf die Welt. Keiner von uns wählte seine Seele selbst aus. Daher resultiert, dass der Weg eines jeden von uns ebenfalls im voraus bestimmt ist. Was bleibt denn dann noch für uns zu tun? Wo ist unser freier Wille? Warum sind wir intelligente und begabte Wesen, und keine einfachen mechanischen Apparate, mit denen die eine oder andere Handlung ausgeübt werden könnte?  Weshalb hat der Schöpfer von uns einen gewissen Abstand genommen, und welche Möglichkeit hat er uns gegeben, uns auszudrücken? Folgendes beantwortet diese Fragen gemeinsam : Damit der Mensch aus eigenem Willen auf seinem Weg der Korrektur und Erhöhung fortschreitet. So kann er selbst aktiv werden, um mit der Geschwindigkeit vorwärts zu schreiten, mit der er in sich selbst, die Kraft seines Verlangens entstehen lässt.

Ausgehend vom Anfangspunkt, an dem wir uns alle befinden, hat jeder von uns die Verpflichtung, das endgültige und höchste Ziel, zu erreichen. Diesen Vorgang betreffend, haben wir keine Wahl und keinen freien Willen. Wir sind gezwungen diesen Weg zu beschreiten, indem wir jede Phase durchlaufen und alles damit verbundenen lebhaft empfinden. Wir sollten es fortschreitend in uns integrieren, und den beschrittenen Weg (alle Stufen) durchleben und prüfen.

Die wahre Freiheit bedeutet: Mit allem einverstanden zu sein, was uns auf diesem Weg entgegenkommt und geschieht. Wir sollten jede Etappe annehmen und als richtig empfinden, sowie die schnellste Geschwindigkeit auswählen, um zunehmend die Korrektur durchzuführen, sowie die Vereinigung mit dem Schöpfer wiederherzustellen. Dies und nur dies, hängt vom Menschen ab, und das Wesentliche welches der Schöpfung innewohnt ist: Dass sie es wünscht, sich so schnell wie möglich von den Bedingungen zu befreien, unter der sie sich befand, als der Schöpfer sie erschuf. Sie möchte sich qualitativ korrigieren (reparieren), den höchsten Grad erreichen und sich mit dem Schöpfer vereinen.

Je nachdem, wie groß die im Menschen innenwohnende Intensität des Verlangens fortzuschreiten ist, darf er sich Mensch nennen. Andernfalls ist er nur ein unpersönliches Individuum. Die Kabbala ist die einzige Wissenschaft, die im Menschen eine unabhängige, individuelle und freie Persönlichkeit entwickelt.

Die 4 Phasen der Bildung eines Keli unterscheiden sich untereinander, durch die Art des Verlangens Freude zu empfangen. In der Phase0 Shoresh und in der Phase1 Alef  besteht dieses Verlangen überhaupt nicht. Je weiter sich das Geschöpf vom Schöpfer entfernt, desto stärker, gröber und egoistischer wird das Verlangen sich zu erfreuen, und desto mehr wünscht sich das Geschöpf, Freude zu persönlichen Zwecken zu empfangen.

Die 4. Phase, das Malchut, ist völlig egoistisch. Es stellt ein Verlangen dar, welches von einer eigenen Entscheidung ausgeht. Jede der aufeinander folgenden Phasen befindet sich jeweils in der anderen: Keter (0) befindet sich in Chochma (1), alle beide sind in Binah (2), alle drei sind im Zeir anpin (3), das Malchut (4)(Königreich) beinhaltet alle vier Phasen. Jede der vorhergehenden Phasen unterstützt und bedingt die nachfolgende Phase, und  gewährleistet jeweils deren Existenz.

In der 4. Phase wird die Gesamtheit des Lichtes empfangen, welches das Gefäß gänzlich füllt. Wir wissen bereits, wenn das Licht das Gefäß mit Freude füllt (sich das Gefäß um so mehr wünscht zu empfangen, und das Licht in sich selbst noch mehr heranzieht), bis es die Eigenschaft ohne Vorbehalt zu geben vom Licht empfängt. Dann beginnt (in Phase4) das Malchut zu fühlen, dass es Eigenschaften besitzt, die ganz im Gegensatz zu jenen des Lichtes stehen. Es wird sich dann seines Egoismus hinsichtlich der Eigenschaft zu geben bewusst. Dies verursacht ein solches Schamgefühl in ihm, dass es aufhört, das Licht zu empfangen und leer bleibt.

Die Zurückweisung des Lichtes außerhalb von Malchut wird die "erste Einschränkung" (Tzimtzum Alef) genannt. Ist das Malchut erst einmal leer, geht es gewissermaßen in eine Art Gleichgewichtsstand mit der Eigenschaft zu geben über: Keiner von beiden (weder Licht noch Malchut) erhält, und keiner gibt. Es gibt also gegenseitig keine Möglichkeit sich zu erfreuen. Wie kann man somit erreichen, dass Malchut dem Schöpfer gleich wird?

Auf die gleiche Art und Weise wie im Beispiel des Gastes und des Gastgebers. Malchut drängt das ganze Licht zurück, welches es erreicht hat, denn es will sich nicht in der Position fühlen zu empfangen. Danach stellt es die Bedingung, nur eine bestimmte Menge Licht in sich zu akzeptieren, aber dieses Mal nicht um Freude zu empfangen, sondern um dem Schöpfer Freude zu bereiten. Denn das Malchut weiß, dass der Schöpfer wünscht Freude von ihm zu empfangen. In einer solchen Art und Weise zu empfangen entspricht der Eigenschaft, ohne Vorbehalt zu geben. Malchut ist somit nicht mehr in der Position zu empfangen, sondern zu geben.

Wir sehen also, damit ein authentisches Verlangen erscheint, muss das Licht vier Phasen durchlaufen. Ein ähnlicher Vorgang findet ständig mit unserem Verlangen und unseren Wünschen statt, wie auch immer sie geartet sind. Bevor ein Verlangen sich in uns manifestiert, durchläuft es alle Phasen der Entwicklung des Lichtes, welches vom Schöpfer ausgeht, bis wir es in uns wahrnehmen und fühlen. Ohne das Licht kann es kein Verlangen geben. Das Licht ist ursprünglich, das Verlangen erscheint an zweiter Stelle.

Studieren Sie die Struktur der Schöpfung (Abbildung 1) und den Ablauf der 4 Phasen. Das Licht, das vom Schöpfer ausgeht, wird als "direktes Licht", Or Yashar bezeichnet, das Licht, welches das  Malchut zurückdrängt, wird "reflektiertes Licht", Or Chozer genannt, und das Licht, das zum Teil in das  Gefäß eindringt ist das "innere Licht", Or Pnimi.

 

Abbildung 1

 

Der Gast wird vor die Tafel mit den Speisen und vor den Gastgeber gesetzt, er lehnt alles ab, dann beschließt er, ein wenig zu essen, dieses Mal, um dem Gastgeber eine Freude zu bereiten, obwohl er mit den Augen bereits alles verschlingen könnte. Anders gesagt, hier muss man sein egoistisches Verlangen nutzen, jedoch in einer altruistischen Absicht. Wenn der Gast beginnt abzuwägen, versteht er, dass er nicht die ganze Tafel akzeptieren kann, um dem Gastgeber eine Freude zu machen, sondern nur eine kleine Portion.

Das ist der Grund weshalb das Geschöpf, nachdem es eine Einschränkung vollzogen hat, nur eine kleine Menge des Lichtes, sagen wir 20%, annehmen kann. Der Rest von 80 % wird abgestoßen. Dieser Teil des Geschöpfes, mit dem die relative Entscheidung zur Menge des eindringenden Lichtes, welches auf den Schöpfer ausgerichtet ist, getroffen wurde, wird Rosh (Kopf) genannt. Der Teil des Geschöpfes, durch den das Licht eindringt, heißt Guf (Körper, Innenseite). Der Teil des Geschöpfes der leer bleibt, und für beendet gehalten wird, ist Sof. Es ist der Ort, an dem das Geschöpf eine Beschränkung vornimmt, und nicht noch mehr Licht annehmen möchte.

Analog zu den verschiedenen geschilderten Phasen der Schöpfung wurden uns Bezeichnungen für unseren Körper gegeben. In der spirituellen Welt existieren keine Bezeichnungen, Zahlen oder Etiketten, jedoch ist es einfacher, Wörter zu benutzen. Deshalb haben die Kabbalisten um sich auszudrücken eine einfache Sprache gewählt: Da alles was in unserer Welt existiert, von den spirituellen Welten ausgeht, ist  das Unten direkt   mit dem Oben verbunden. Jedes Element unserer Welt, ist mit  jedem Element der spirituellen Welten in Verbindung, und weil alles in unserer Welt einen Namen trägt, nehmen die Kabbalisten die Bezeichnung des Elements unserer Welt, um das spirituelle Element zu bezeichnen, welches es hervorbringt.

Nehmen wir das Beispiel eines Steines in unserer Welt. Es gibt im „Oben“ eine Kraft, die diesen Stein erzeugt, also nennen wir diese Kraft „Stein". Der einzige Unterschied  des „spirituellen Steins" besteht darin, dass er eine spirituelle Wurzel darstellt, die mit besonderen Eigenschaften ausgestattet wurde, denen in unserer materiellen Welt eine Abzweigung oder ein „Zweig” entspricht, der den Namen „Stein" trägt.

So ist die „Sprache der Zweige" entstanden, die sich erlaubt, gebrauch von den Bezeichnungen und Handlungen unserer Welt zu machen, um Elemente und Handlungen der spirituellen Welten zu beschreiben. Alle heiligen Bücher sind in dieser Sprache verfasst. Weder die Torah, der Talmud, und andere ähnliche Werke, enthalten auch nur ein Wort, welches unsere materielle Welt bezeichnet, obwohl alle mit Hilfe der Sprache unserer Welt geschrieben sind. Jedes Element unserer Welt, welches in diesen Büchern erwähnt wird, meint das entsprechende Element der spirituellen Welten.

Aus diesem Grund wird der Teil der spirituellen Welten, der Gegenstand einer Analyse oder einer Berechnung ist, Rosh (Kopf) genannt (Abbildung 2), und der Teil des Schirms, der über Malchut angesiedelt ist, und das Licht eindringen lässt, wird als Pe (Mund) bezeichnet. Weiterhin heißt der Teil, in den das Licht eindringt, Guf (Körper) und die Linie, die eine Einschränkung für die Durchdringung des Lichtes im Guf  vornimmt und bewirkt, nennt man Tabur (Nabel). Der äußere Teil, der ohne Licht bleibt, wird Sium (Ende) genannt. Die Gesamtheit dieser Elemente stellt die Schöpfung, die Seele, Malchut dar.

Also, nachdem 20 % des Lichtes empfangen wurden, beginnt das Parzuf den äußeren Druck des umgebenden Lichtes Or Makif zu spüren, welches gewissermaßen sagt: Dass die Menge des empfangenen Lichtes so ausreichend und gut sei, aber dass es außen noch mehr Licht gäbe, von dem zu kosten gut wäre. Wir wissen bereits, dass es besser ist nicht alle Freuden auf einmal zu empfangen, sondern nur ein wenig. Die Freude beginnt nun damit, von innen und von außen Druck auszuüben, und somit wird es schwieriger diesem Druck standzuhalten.

Solange das Parzuf nichts vom Licht annimmt, kann es sehr lange Zeit in seinem Anfangszustand bleiben. Jedoch, nachdem es das Licht der Freuden einmal geschmeckt hat, machen die Freuden, die es selbst verursacht, Druck von Innen und der Außenseite. Wenn das Parzuf nun akzeptiert, in sich selbst noch ein wenig mehr Licht eindringen zu lassen, tut es dies bereits zu seiner eigenen Freude, denn die Kraft des Widerstandes gegen den eigenen Egoismus kann nur zu 20% wirken. Das Parzuf ist  nicht einverstanden das ganze Licht zu empfangen, denn zu diesem Zweck, hat es nicht seine erste Einschränkung durchgeführt. Er drängt also ein solches Vorgehen zurück, und somit bleibt nur noch ein Ausweg: Das Licht außerhalb sich selbst abzulehnen, um zum Anfangszustand zurückzukommen, an dem es sich befand, bevor es das Licht akzeptierte. Dies führt das Parzuf dann auch aus.

 

Abbildung 2

 

Der äußere Druck, der gleichzeitig durch das Licht Or Pnimi (inneres Licht) und dem Licht Or Makif (umgebendes Licht) auf  den Tabur (Nabel) ausgeübt wurde, wird Bitush (Schock) Pnimi u Makif genannt. (vom Inneren und von der Außenseite) Wie vollzieht sich die Durchdringung des Lichtes (im gegenwärtigen Fall von 20 %) im Guf (Körper)? Der Schirm welcher am Anfang auf dem Niveau von Pe (Mund) und Rosh (Kopf) installiert wurde, steigt durch Einwirkung des Lichtes von  20%,  unter das Niveau des Guf (Körper) bis auf die Linie von Tabur

Zum Zeitpunkt, da das Licht außerhalb des Guf (Körper) abgelehnt wird, erhebt sich der Schirm zunehmend vom Tabur (Nabel) zum Pe (Mund) des Rosh (Kopf), welcher gewissermaßen das Licht außerhalb des Guf (Körper) zurückdrängt. Vor der Durchdringung des Lichtes im Guf (Körper) hatte das Parzuf die Information über das Licht im Gedächtnis. Es kannte die Freuden, die das Licht in sich trug, und die Intensität und die Kraft des Widerstandes gegen das “sich selbst Freude machen” in Proportion zum Verlangen des Parzuf .

Gemäß der Information, die dem Parzuf in Verbindung mit dem Zustand geblieben ist, als es gänzlich von Licht gefüllt war, noch vor der Einschränkung des Verlangens in der Welt des Ein Sof und dem  Zustand nach der Einschränkung, speichert das Parzuf die Erinnerung an die Vergangenheit, wie eine Eingravierung in sich selbst, welche Reshimo genannt wird.

Was existiert im Spirituellen? Nichts außer dem Verlangen sich zu Erfreuen und der Freude dieses Verlangen zufrieden stellen zu können. Aviut bezeichnet das Verlangen (die Information relativ zum Verlangen im Parzuf) und Itlabshut den Hochgenuss, der dem Licht entspricht, das sich gewissermaßen mit einem Keli bekleiden würde. Man könnte es auch so sagen, dass nur der Schöpfer und die Schöpfung existieren.

Vom vorhergehenden Zustand bleibt immer ein Reshimo vom Itlabshut und ein Reshimo des Aviut. Diese zwei Parameter sind bei weitem ausreichend, um den jeweils vorhergehenden Zustand des „Parzuf" zu charakterisieren. Nachdem das Parzuf das Licht abgelehnt hat, hat jedes Parzuf vollkommene Kenntnis, von dem Zeitpunkt und dem, was es fühlte, als das Licht in seinem Guf (Körper) anwesend war. Es hat diese Erfahrung bereits gemacht, es weiß wie es handeln wird und welche Berechnungen es anstellen muss.

Jetzt versteht das Parzuf von Abb.3, dass es nicht 20% vom Licht zurückhalten kann. Es beschließt 15 % davon zu probieren, ebenfalls in einer Absicht die auf den Schöpfer ausgerichtet wurde. Um dies machen zu können, muss es mehr herabsteigen. Mit anderen Worten werden sein Rosh und sein Pe unter dem Niveau des vorhergehenden Parzufs ein. Das Licht, das auf den " Schirm" trifft, wird zurückgedrängt, es dringen sagen wir, nur 15 % ein.

Wie unterscheiden wir das Itlabshut und das Aviut? Die Berechnung erfolgt ab Olam Ein Sof, während Malchut (Aviut Dalet), gänzlich mit allen Kräften des Lichtes gefüllt wird, welche ihm entsprechen ( Itlabshut Dalet). Mit anderen Worten entsprach die Eigenschaft dieses mit Licht gefülltem Malchut dem Dalet des Dalet (Malchut des Malchut.)

Das folgende Parzuf besitzt bereits Informationen über seine Kapazität sich mit dem Licht das „Aviut-Gimel-Verlangens“ (Phase 3) zu füllen. Und immer so weiter. Jedes folgende Parzuf setzt seine Kapazität immer mehr herab, seinen " Lichtkörper" (Guf) in einer Absicht zu füllen, die auf den Schöpfer ausgerichtet wurde. Es gibt 25 Parzufim  ausgehend vom oberen Teil. Wenn der Ablauf des letzten Parzuf beendet ist, überquert sein niedrigster Teil die Trennungslinie des Schirms (der Masach) zwischen den spirituellen Welten und unserer Welt. Dann erscheint es in unserer Welt. Unsere Welt ist ein Zustand des Malchut, der sich durch das Fehlen eines Schirms charakterisiert.

 

Abbildung 3 

 

 

ÜBERSICHT

Übersetzung von Peter Staaden