Eine
Geschichte
über den Allmächtigen
Ein Märchen für Erwachsene über den traurigen Zauberer
von Rabbi Michael Laitman
Übersetzung von Sofia
Batyreva
Überarbeitet von Peter Staaden
Wissen Sie, warum ausschließlich Greise all die Märchen erzählen? Märchen sind nämlich das Klügste auf der ganzen Welt! Denn alles vergeht, und nur wahre Märchen bleiben am Leben... Märchen sind Weisheit. Um Märchen zu erzählen, muss man viel, ja, sehr viel wissen, und erblicken, was für andere verschleiert bleibt. Und dafür muss man lange leben. Deshalb können nur Greise all die Märchen erzählen, und so steht es im größten und ältesten Zauberbuch: "Ein Greis ist jener, der die Weisheit erlangte!" *|* Und die Kinder... sie lieben es so sehr, Märchen zu hören, weil sie die Phantasie und den Verstand besitzen, sich alles auszumalen und nicht bloß das, was wir alle sehen. Wenn ein Kind erwachsen wird und dennoch sieht, was die anderen nicht merken, weiß es, dass die Phantasie doch Wahrheit ist! Es bleibt daher ein Kind, ein weises Kind, "Ein Greis, der die Weisheit erkannte", wie es in dem größten und ältesten Zauberbuch, dem "Sohar", geschrieben steht. *|* Es war einmal ein Zauberer, der groß, wunderlich, und schön, sehr liebenswürdig und herzlich war. ER war jedoch allein, und es gab niemanden, der in SEINER Nähe lebte, es gab niemanden zum Spielen und zum Sprechen, mit dem ER alles teilen konnte, es gab niemanden, der IHN wahrnahm. Was konnte ER dagegen tun?... Es ist ja traurig, alleine zu sein! *|* ER dachte darüber nach: "Was wäre wenn ich einen Stein schüfe, bloß einen kleinen aber einen wunderschönen Stein? Vielleicht genügt mir das? Ich werde diesen Stein streicheln, fühlen, dass es etwas in meiner Nähe gibt, und dann wird’s uns beiden gut gehen, es ist ja traurig, alleine zu sein!" *|* ER winkte mit dem Zauberstock: "Tschak-Tschak", in der Nähe tauchte ein Stein auf, ein Stein, wie ER ihn sich gewünscht. ER streichelte den Stein und umarmte ihn, doch der Stein blieb für immer stumm und völlig reglos, selbst grob geschlagen, selbst sanft liebkost, blieb er ewig starr und ganz gefühllos. Was sollte nun der Zauberer mit dem stillen Stein anfangen? *|* ER probierte, noch mehr Steine zu erschaffen, verschiedene andere Steine, Felsen und Berge, Landschaften, Länder, die Erde, die Sonne, den Mond. ER füllte das ganze All mit lauter Steinen, und sie waren alle stumm wie ein einziger Stein, gaben IHM keine Antwort, und ER fühlte schon wieder, wie traurig es ist, alleine auf der Welt zu sein. Nun dachte der Zauberer, "anstelle der Steine erschaffe ich vielleicht eine Pflanze, ja, - eine Blume, die schön ist. Ich gieße sie täglich mit Wasser, ich verwöhne sie mit frischer Luft und viel Sonne, ich kümmere mich ganz um die Blume, sie wird fröhlich und glücklich mit mir. Wir beide werden zufrieden sein, denn es ist traurig, alleine zu sein." *|* Er winkte mit dem Zauberstock: "Tschak-Tschak", in der Nähe tauchte eine Blume auf, eine Blume, wie ER sie sich gewünscht. Und der Zauberer fing nun an, vor Freude vor der Blume zu tanzen, doch die Blume tanzte nicht, drehte sich nicht, konnte IHN nicht spüren, antwortete bloß auf das, was der Magier ihr brachte: Goss der Zauberer seine Blume - wachte sie bildschön auf, tat er es nicht - starb die Blume. Wie ungerecht war es, dem liebevollen Zauberer so geizig zu begegnen! DEM, der entschlossen war, sein ganzes Herz zu verschenken!... Wem nur? Was konnte ER bloß tun? Es ist ja traurig, alleine zu sein. *|* Und der Zauberer fing an, noch mehr Pflanzen zu schaffen, große und kleine, Gärten und Wälder, Haine und Felder... und Sie waren alle wie eine einzige Pflanze, gaben ihm keine Antwort. Wie traurig war ER, alleine zu sein... *|* ER dachte lange nach. "Was wäre wenn ich irgendein Tier erschüfe! Nur was für eins? - Einen Hund. Ja, freilich, einen Hund. So einen zärtlichen und lustigen und kleinen. Ich werde immer mit ihm spielen, zusammen werden wir spazieren gehen, Mein Hund wird rennen, vor, hinter mir und um mich herum. Und stets wenn ich nach Hause in mein Schloss zurückkehre, nein, in unser Schloss zurückkehre, kommt er mir schon entgegen, zusammen wird es uns gut gehen, es ist ja traurig, allein zu sein!" ER winkte mit dem Zauberstock: "Tschak-Tschak", in der Nähe tauchte ein Hündchen auf, ein Hündchen, wie er es sich gewünscht. ER fing an, für das Tier zu sorgen, gab ihm Essen und Trinken, liebkoste es, wusch es, ging immer mit dem Hund spazieren - machte alles für ihn, aber das Verlangen, die Liebe des Hundes, war ganz der Wunsch, nahebei zu bleiben, wo auch immer sein Herr sich befand. *|* Leider musste der Meister erkennen: Selbst der Hund, mit dem ER wundervoll spielte, konnte nicht mit der Liebe antworten, die ER diesem Tier stets schenkte. Es war nicht fähig, sein Freund zu sein, wusste gar nicht zu schätzen, was der Magier für ihn machte! Jedoch nur dies wünschte sich der Meister! *|* ER begann, weiter Leben zu erschaffen, Fische, Echsen und Vögel und Tiere. Nur wurde es bald noch viel schlimmer: Niemand war fähig, IHN zu verstehen. Es war traurig, alleine zu sein. *|* Lange dachte der Meister nach, dann wusste ER, "Mein richtiger Freund wäre jener, der mich wirklich viel bräuchte und suchte. Es wäre einer, der könnte, so wie ich leben, so wie ich schöpfen, so wie ich lieben. Nur dann wüsste er, mich recht zu verstehen." *|* So wie ich sein? Tja, ... wer könnte mein Ebenbild werden? Meine Gaben bewundern, mir Gleiches verschenken - Liebe, die ich sehr bräuchte, wer kann derart sein? Wir beide werden glücklich zusammen, es ist traurig, alleine zu sein!..." *|* Wieder dachte der Meister nach, und der Mensch kam IHM in den Sinn. "Was wäre wenn er mein Freund, Vertrauter, so wie ich sein könnte? Dazu braucht er nur Hilfe von mir. Dann wird’s uns beiden sehr gut gehen. Es ist traurig, allein zu sein!"... *|* "Um zu zweit Glück zu erfahren, muss er erst schmerzlich spüren, wie verlassen er ohne mich ist, wie einsam ich ohne ihn wäre, wie traurig es ist, alleine zu sein!..." *|* Wieder machte ER "Tschak-Tschak" mit dem Zauberstab. In der Ferne entstand ein Ort, an dem Ort erschien ein Mensch... *|* Doch war er so weit vom Magier entfernt, dass er dessen Dasein nicht wahrnehmen konnte. Er ahnt nicht mal etwas vom Meister, der alles erschuf - ihn selbst und alles weitere Leben: Steine, Pflanzen, Tiere und Vögel, Häuser, Berge, Felder und Forst, den Mond und die Sonne, Regen und Himmel und viel mehr noch - Die Gesamtheit, die Welt... selbst Computer und Fußball! All dies hat der Mensch... nur der Magier ist einsam geblieben, alleine und traurig auf der Welt! *|* Doch spürt der Mensch einfach nichts davon, ahnt gar nichts von DEM, der ihn erschuf und so liebt, der ihn geduldig ruft: "Komm, siehst du mich nicht, alles was du hast, dies ist mein Geschenk, komm, sei mir nahe, wir werden beide glücklich, sonst ist es traurig hier, ohne dich auf der Welt!" *|* Gewiss... der zufriedene Besitzer, der Inhaber, Herrscher des Computers und Fußballs, der Mensch, der den Magier nicht kennt, kann sich wünschen, ihn plötzlich zu finden, ihn zu erfahren, ihm näher zu sein, Ihn zu fühlen, ihn zu mögen, nach Freundschaft zu streben, herzlicher Liebe... und IHM auch zu sagen: "Komm, sei DU doch bei mir, beide werden wir glücklich, ich bin traurig hier, alleine auf der Welt!" *|* Doch der Mensch kennt nur den, der ihm ähnelt, er ist vertraut mit dem Alltag und Leben seiner Nächsten. Er weiß sich zu benehmen, normal zu sein, zu handeln, zu sprechen, sich etwas zu wünschen, so wie alle anderen, wie jedermann hier: Die Großen nicht ärgern, freundlich bitten, falls nötig, Computer, das Zuhause, Fußball am Wochenende. Der Mensch hat, was er sich wünscht, und einen Wunsch nach dem Wissen vom Unglück des Meisters, ist nicht Teil der Wünsche des sterblichen Menschen... *|* Der allmächtige Meister ist weise und gutherzig, unerkannt, unbeachtet beobachtet ER den Menschen. Zur besonderen Stunde macht er still und bedächtig, behutsam, unhörbar "Tschak-Tschak". *|* Danach ist es schon unheimlich, sehr einsam für den Menschen, so wie früher zu leben, automatisch zu agieren, und einfach so da zu sein. Computer und Fußball sind nicht mehr wichtig... und nun hat er einen Willen, einen Hauch, eine Spur, unerfahren, unwissend nach dem Meister zu suchen, DER ihn zart berührte, mit dem Wunderstab, sein Herz rasch beflügelte, und zärtlich sprach: "Komm, sei doch bei mir, beide werden wir glücklich, du bist traurig hier, alleine zu sein!" *|* Der allmächtige Meister ist weise und gutherzig, wieder hilft ER dem Freund, dem freudlosen Menschen. Ein einziger Wink, ein "Zauber-Tschak" - und schon sieht der Mensch in der Ferne eine Zauberburg, voller Wunder und Güte, wo der Magier selbst auf ihn wartet, sie nur zu zweit glücklich werden! *|* "Wo steht diese Burg? Wer zeigt mir den Weg? Wie kann ich IHN sehen?" Fragt sich der Mensch... "Und wie ist es - IHN zu finden, zu erkennen?" *|* Stets klopft nun sein Herz: "Tschak ... Tschak", er kann nicht mehr ruhig schlafen, nicht mehr richtig essen, nah und fern bildet er sich Schlösser und Zauberer ein. Ohne den Magier will er nichts mehr tun, und zu zweit wird alles recht für ihn sein!... *|* Um DEM Freund zu ähneln, so wie ER zu sein - weise, gütig, liebevoll, treu, ist noch viel zu lernen, ist noch viel zu begreifen: SEINE Taten und SEINE Haltung, SEIN Großmut und SEINE Liebe. Ein Wink mit dem Wunderstab, ein Schwung, ein "Tschak" ist hier aber machtlos. Ganz alleine muss der Mensch alles erlernen, alles selber begreifen. Aber wie soll er das tun?... *|* Der Magier führt den Menschen unbemerkt und behutsam, Schritt für Schritt, sehr zärtlich und still zu dem Zauberbuch, dem Buch der Weisen. ER macht "Tschak-Tschak" .... "Tschak-Tschak", ER führt ihn zur größten und ältesten Schrift, dem "Sohar". *|* Hier findet er die Antworten auf alle seine Fragen, den Weg zu DEM Meister, was zu tun und was zu lernen ist, um den Magier zu finden, sonst ist es traurig hier, alleine zu sein! *|* Und der Mensch handelt überstürzt, er will rasch bei IHM sein, sich in die Burg einschleichen, zu seinem Freund sagen: "Lass uns endlich zusammen finden, es ist traurig hier, alleine zu sein..." *|* Um die Burg herum steht die Mauer, und strenge Wächter bewachen sie, und je höher der Mensch steigt, desto schroffer schieben ihn die Wächter davon, desto schlimmer stürzt der Mensch von der Höhe herab. Kraftlos, abgestumpft, traurig spricht er nun zu seinem Meister: "Wo ist jetzt DEINE Hilfe? Warum quälst DU mich? Warum machst Du es so, dass ich ohne DICH nichts als Leiden spüre."
*|* Und mit einem Male fühlt er ES... "Tschak", erneut strebt er vorwärts, nach OBEN, durch Gemäuer und vorbei an den Wächtern, zum verriegelten Tor, in die Burg hinein, zum allmächtigen Magier... *|* Durch die Schläge und das Unglück hat der Mensch jetzt Kraft, Willensstärke und Weisheit erlangt. Aus Enttäuschung erwächst in ihm der Wunsch, selber das Zaubern zu lernen, genau so wie der Zauberer SELBST zu sein. Er lernt das Schöpfen, und dies kann nur ER. Aus der Tiefe des Unglücks wächst die Liebe. Und nun wünscht er sich nichts als SEINE Nähe, das Vermögen, IHM alles, das Ganze zu geben, zu schenken. Er wünscht sich, IHN wahrzunehmen, nichts zu erbitten und zu erbetteln. So wird er glücklich, sonst ist es traurig hier, alleine zu sein! *|* Wenn er nicht weiter weiß, - hält er es nicht mehr aus, ohne DEN Meister zu sein, verlassen, allein, - erst dann öffnet sich das ersehnte Tor. Aus der Burg kommt der Meister, eilt freudig dem Menschen entgegen, spricht ihn an: "Komm, lass uns gehen, wir beide wissen nun, es ist traurig, elend, alleine zu sein!" *|* Und seitdem sind sie ewiglich vereinigt, sie sind treue und zärtliche Freunde, und die Liebe erfüllt ihre Herzen so, dass sie nicht mehr wissen, wie traurig es ist, alleine zu sein!... *|* Wenn Du es auch im Herzen leise fühlst: "Tschak-Tschak", (jeder kann es verspüren, man muss sich nur zuhören) dann ist es wichtig für Dich, IHN zu treffen, sich mit IHM zu vereinen und Glück zu erleben, sonst bist Du traurig hier, alleine... Suche Dir den Beistand des MEISTERS.
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