L E K T I O N    1

E i n l e i t u n g


 

Dieser Kabbala-Kurs basiert auf dem Buch "Einführung in die Weisheit der Kabbala" von Rabbi Y. Ashlag. Rabbi Ashlag schrieb dieses Buch als eine Einführung zu seiner Erläuterung "Der Sulam über das Buch des Sohar". Entsprechend der kabbalistischen Methode, erlernt der Leser etwas über die Ausdehnung der Existenz von oben bis nach unten, vom Schöpfer bis herunter in diese Welt.

Als ein Ergebnis dieses Studiums erwirbt der Student die Mittel für eine spirituelle Erhebung von unten nach oben, exakt so, wie die Stufen der Entwicklung von oben nach unten verlaufen, die er studiert und erlernt. Dies steht in Übereinstimmung mit der Definition der Kabbala: "Die Weisheit der Kabbala besteht aus der Anordnung der Wurzeln, welche sich von oben nach unten entwickeln, mit der Absicht den erschaffenen Wesen, die sich hier in dieser Welt befinden, G-ttlichkeit zu enthüllen." (Y.Ashlag im Artikel: "Die Essenz der Weisheit der Kabbala").

 

Die Notwendigkeit die Kabbala zu erlernen

"Für die Allgemeinheit existiert kein anderer Weg, eine spirituelle Erhebung und Erlösung zu erreichen, als über das Studium der Kabbala. Diese Methode ist die einfachste und best verfügbarste. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn man andere Teile der Torah verwendet, was dazu führt, dass nur einige wenige Individuen in der Lage sind, das Ziel zu erreichen."
(Y. Ashlag aus: "Das Vorwort zu den zehn Sefirot", Absatz 36)

"Das Verständnis beginnt mit der verborgenen Torah, und erst danach begreift man ihre restlichen Teile. Nur am Ende versteht man die enthüllte Torah."
(Der Gaon von Vilna aus dem Buch Siddur)

"Das Verbot die Kabbala zu erlernen bestand nur für eine begrenzte Zeit, bis zum Jahre 1490. Von 1540 an wurde es erforderlich, jeden zu ermutigen, sich mit dem Buch des Sohar zu befassen, da nur mittels des Studierens des Heiligen Sohar die Menschheit die spirituelle Erlösung und das Kommen des Mashiach erreicht. Deshalb ist es untersagt, das Erlernen der Kabbala zu umgehen und zu vermeiden."
(Rabbi Azulai - aus dem Buch "Licht der Sonne")

"Elend denen, die keine Kabbala erlernen möchten, weil sie der Welt Armut, Krieg und Katastrophen bringen."
(Aus dem Buch "Tikunei Sohar" - Tikun 30)

"Das Erlernen des Buches des Sohar ist wünschenswert und über alle andere Studien zu stellen."
(Aus dem CHIDAH)

"Die Erlösung und das Erscheinen des Mashiach hängen nur vom Erlernen der Kabbala ab".
(Der Gaon von Vilna aus: "Even Shlema" 11,13)

"Es liegt keine Beschränkung auf dem Studium des Sohar."
(Das Chafetz Chaim)

"Hätte meine Generation auf meine Stimme gehört , würde sie bereits ab dem Alter von 9 Jahren das Buch des Sohar studiert haben und folglich würde sie die Ehrfurcht vor dem Himmel, anstatt der äußerlichen Klugheit, erworben haben."
(Rabbi Isaac von Kamarna aus dem Buch: "Notzar Chesed")

"Ich appelliere an jeden Menschen, sich jeden Tag einige Zeit dem Studium der Kabbala zu widmen, da hiervon das Reinigen ihrer Seelen abhängt."
(Rabbi Yitzhak Kaduri)

"Zukünftig werden die Kinder Israels nur mit Hilfe des Heiligen Buches des Sohar aus dem Exil befreit werden."
(Aus dem Heilige Buch des Sohar: Parashat Naso)

 

 

Vorwort zu den Lektionen

1. Im Buch des Sohar steht geschrieben, dass alle Welten, die höheren und die unteren, innerhalb des Menschen gefunden werden können. Die gesamte Existenz wurde ausschließlich für den Menschen erschaffen. Jedoch während wir wahrnehmen, dass wir selbst innerhalb der Existenz sind, da sind, nehmen wir nicht wahr, dass die Existenz, das Dasein innerhalb uns selbst ist. Warum ist diese Welt alleine nicht genug für die Menschheit in dieser Welt? Benötigt sie wirklich die anderen Welten - die höheren, und was beinhalten sie?

 

2. Um dies zu verstehen, müsste man die ganze Weisheit der Kabbala erlernen. Der Grund für die Schöpfung dieses Daseins war der Wille des Schöpfers, seine Geschöpfe zu beschenken. Hierfür stattete der Schöpfer seine Geschöpfe mit dem Wunsch aus, das zu empfangen, was der Schöpfer ihnen zu schenken wünschte - und dieser Wunsch wurde zur Wesensart der Geschöpfe.

Der Schöpfer ist erhaben und überschreitet Raum und Zeit. Sein Gedanke wirkt gleichsam wie eine Tat. Folglich, als aus Seinem Willen und in Seinem Gedanken hervorging, die Geschöpfe zu erschaffen und sie mit Vergnügen zu erfüllen, geschah es unmittelbar, dass alle Welten mit allen Geschöpfen sofort erschaffen wurden, und alle wurden mit der Freude erfüllt, die sie vom Schöpfer erhielten.

Wenn es so geschah, warum hat dann der Schöpfer aus Seiner Essenz alle Welten bis herunter zu dieser Welt erschaffen, und weshalb senkt Er seine erschaffenen Wesen herab, auf unser niedriges Niveau?

Der AR"I (Rabbi Yitzchak Luria) beantwortet diese Frage in seinem Buch "Etz Chayim" folgendermaßen: "Um die Vollendung seines Werks zu enthüllen."

Unsereins könnte jedoch sagen, dass stattdessen in der Erschaffung der Welten und durch den Abstieg der erschaffenen Wesens die Unvollendetheit der Werke des Schöpfers enthüllt wird!

Die Antwort ist folgende: Dies wurde so gemacht, damit sich die erschaffenen Wesen selbst vervollkommnen können, damit sie durch sich selbst, aus eigener Anstrengung das Niveau des Schöpfers erreichen können, das die einzig wahrhaftige Perfektion darstellt.

Deshalb erschuf der Schöpfer die Leiter der Welten, über welche die Seelen auf die niedrigste Stufe der Leiter herabsteigen. Dort werden sie dann in Körper unserer Welt (in den Wunsch zu empfangen) gekleidet.

Durch das Studium der Kabbala fangen die Seelen an, auf der Leiter aufzusteigen, bis sie vollständig zum Schöpfer zurückkehren.

 

3. Die Seele umfasst Licht und Gefäß. Das Licht der Seele kommt vom Schöpfer, von Seiner Essenz. Mittels dieses Lichtes wird das Gefäß der Seele gebildet - ein Wunsch Licht zu empfangen, oder ein Verlangen von Ihm begünstigt (erfüllt) zu werden.

Aus diesem Grund ist das Gefäß genauestens dem Licht angepasst, das es künftig füllen wird. Die Essenz der Seele ist das Gefäß, weil das Licht ein Teil des Schöpfers ist. Konsequenterweise wird nur das Gefäß als ein erschaffenes Wesen betrachtet.

Es ist aus dem Nichts geschaffen; das bedeutet, dass dieser Wille nicht existierte, bevor der Schöpfer beschloss, ihn zu erschaffen. Da der Schöpfer dieses Gefäß auf eine vollkommene Weise begünstigen wollte, wie es Ihm angemessen erscheint, erschuf Er dieses äußerst große Gefäß (das heißt, den Wunsch zu empfangen), entsprechend der Größe des Lichtes (des Vergnügens), das Er schenken wollte.

 

4. Diese Schöpfung ist eine Innovation, die niemals vorher bestand. Diese Neuerung wird "Etwas von nichts" genannt. Jedoch, wenn der Schöpfer in sich vollständig ist, wie kann es etwas geben, das nicht in Ihm enthalten ist?

Entsprechend dem, was wir bereits gesagt haben, ist es deutlich, dass das, was vor der Schöpfung nicht im Schöpfer vorhanden war, der Wunsch zu empfangen ist. (Zur Erklärung: der Wunsch zu empfangen kann nicht im Schöpfer vorhanden sein, da Er perfekt und ohne irgendeinen Mangel ist. Jedoch, wenn er vollkommen ist, sollte Er dann nicht auch den Wunsch haben zu empfangen?

Die Antwort ist NEIN. Wenn Er den Wunsch zu empfangen hätte, würde dies heißen, dass Er etwas wünscht, das Er nicht hat, was wiederum bedeuten würde, dass Ihm etwas fehlt. Dies kann man unmöglich behaupten, da Er absolut vollkommen ist und es Ihm an nichts mangelt.

Das was er erschaffen musste, ist lediglich der Wunsch von Ihm zu empfangen, da Er geben möchte. Infolgedessen erschuf Er nur den Wunsch zu empfangen; alles andere ist bereits im Schöpfer vorhanden.

 

5. Eine Verbindung im Reich des Spirituellen, tritt resultierend aus der Gleichwertigkeit von Eigenschaften (Wünschen oder Willen) auf. Trennung im Reich des Spirituellen, erscheint resultierend aus der Unterschiedlichkeit der Eigenschaften (Wünsche oder Willen). Wenn zwei spirituelle Instanzen (Wesen) eine Form haben, besitzen sie die gleichen Wünsche (oder Willen), das gleiche Ziel - sie sind aneinander gebunden, sie sind Eins und nicht zwei. Der Grund hierfür ist, dass es in den spirituellen Welten keine Körper gibt.

Die spirituelle Welt ist eine Welt des Willens (oder der Wünsche), sogenannte "Nackte Kräfte", Verlangen oder Willenskräfte, die in keiner Weise von irgend einer Art von Materie gekleidet sind. Dennoch wird der Wunsch "für sich selbst zu empfangen" Materie oder Körper genannt.

Daher gilt, wenn alle Willen (oder Wünsche) zweier spiritueller Wesen gleich sind, dann sind sie eins. Sie sind eins, weil es dort nichts gibt, das sie voneinander trennen könnte. Es ist nur möglich zu unterscheiden, dass es sich um zwei handelt und nicht nur um eins, wenn es einen Unterschied in der Form zwischen ihnen gibt. Entsprechend dem Maß des Unterschieds in der Form zwischen beiden, gestaltet sich auch das Maß der Trennung voneinander.

Wenn in dem einen alles gleich zum anderen ist, dann sind sie eins. Wenn alles in dem einen im Gegensatz zu dem zweiten steht, dann sind sie voneinander entfernt, so wie Ost von West. Wenn sie unter allen Willen nur einen gemeinsamen haben, dann berühren sie einander, über diesen einen gemeinsamen Willen. Wenn ihre Willen sich mehr oder weniger ähneln, dann sind sie entsprechend dieser Übereinstimmung oder des Unterschieds in der Form einander nahe oder weit voneinander entfernt.

 

6. Vom Schöpfer selbst haben wir keine Kenntnis, keine Vorstellung, und folglich können wir auch nicht nur ein Wort über Ihn aussagen. Jedoch von seinen Taten ausgehend, durch das was wir selbst erfahren haben, sind wir in der Lage, Ihn zu verstehen - Ihm einen Namen zu geben, entsprechend dem, was wir von Ihm wahrgenommen haben.

Von dem Verständnis der Kabbalisten (im hebräischen "Mekubalim"; sie werden so genannt, weil sie vom Schöpfer "Mekabel" = empfangen), wissen wir, dass der Schöpfer nur einen Willen hat, nämlich den zu schenken. Aus diesem Grund erschuf Er alles, um uns Gutes und Gnade von Seiner Güte zu spenden. Hierzu erschuf Er uns mit dem Wunsch, dies alles zu empfangen, was Er uns zu geben wünscht. Dieser Wunsch zu empfangen ist unsere wahre Natur. Jedoch verursacht letztendlich gerade sie, dass wir uns in einer gegensätzlichen Position zum Schöpfer befinden.

Der Grund dafür ist der folgende: Er ist gänzlich und ausschließlich auf das Geben ausgerichtet und hat nicht im aller geringsten den Wunsch zu empfangen. Wir auf der anderen Seite, sind ausschließlich und vollständig aus dem Wunsch für uns selbst zu empfangen erschaffen worden - auf diese Weise wurden wir von Ihm kreiert.

Wenn wir jedoch in diesem Verlangen oder Wunsch "nur für uns selbst zu empfangen" verharren würden, wären wir für immer vom Schöpfer getrennt.

 

7. Die Kabbalisten jedoch, die in dieser Welt mit uns zusammen leben, erfahren gleichzeitig die Wirklichkeit der höheren spirituellen Welten. Daher haben wir die Gelegenheit von ihnen Dinge über den Schöpfer zu hören, die wir selbst noch nicht wahrgenommen haben. Diese Weisen teilen uns mit, dass der Schöpfer das absolut Gute ist, der Alles erschuf, nur um uns Gutes zu tun. Weiterhin erzählen die Kabbalisten, dass der Schöpfer perfekt und vollkommen ist und daher müssen notwendigerweise auch Seine Taten beides sein, nämlich vollkommen und perfekt.

Aber wie ist es möglich, dass von einem makellosen und vollkommenen Erschaffer schon am Anfang Werke geschaffen werden, die nicht makellos und vollkommen sind, so dass seine Werke noch vervollständigt oder korrigiert werden müssen?

Die Schöpfung besteht ausschließlich aus dem Wunsch zu empfangen, und von diesem Aspekt aus betrachtet, ist sie nicht perfekt und vollkommen, da dieser Wille dem des Emanators entgegengesetzt ist. Folglich sind sie in einem Zustand der Trennung.

Doch ist es gerade dieser Wunsch zu empfangen, der es dem erschaffenen Wesen möglich macht, den Wunsch des Schöpfers zu erfüllen, das heißt, alles zu empfangen, was der Schöpfer ihm zu geben wünscht.

Wie auch immer, wenn der Schöpfer gibt und das erschaffene Wesen von Ihm empfängt, sind sie voneinander getrennt. Dies ist so, weil die Art und Weise ihrer Handlungen auseinanderlaufen.

Wenn das erschaffene Wesen nun als Empfänger verbleiben würde, dann wäre es auch nicht makellos und vollständig. Als Folge würde auch der Schöpfer nicht "makellos und vollständig" genannt werden können, weil von einem vollkommenen und makellosen Erschaffer nur vollkommene und makellose Werke entstehen können.

Deshalb schränkte der Schöpfer Sein Licht ein, und Er erschuf diese Welt mit einer Einschränkung nach der anderen, bis diese Welt schließlich entstand, die der absolut dunkelste Ort darstellt. In dieser Welt besteht das Geschöpf mit dem Wunsch für sich alleine zu empfangen. Deshalb ist in ihm das Licht so schwach, dass er die Quelle des Lebens nicht einmal mehr wahrnehmen kann.

 

8. Doch der Mensch kann durch den richtigen Gebrauch von "Torah und Mitzvot" (dieses wird in den noch folgenden Lektionen erklärt werden) Vollkommenheit und Perfektion erreichen, welche er seit dem Zeitpunkt der Erschaffung ermangelt.

Worin besteht jedoch diese Perfektion und Vollkommenheit?

Sie drückt sich darin aus, dass sie eine Gleichheit der Form mit dem Schöpfer erreicht. Dass sie ebenfalls schenkt, wie der Schöpfer es tut. Nur dann ist ein Mensch würdig und tauglich, das ultimativ Gute sowie die ganze Freude und das Übermaß an Vergnügen zu empfangen, das der Inhalt des Gedankens der Schöpfung ist. Und So befindet er sich in einem Zustand der Bindung zum Schöpfer - in einer Gleichheit der Form, mit den gleichen Willen und Gedanken.

In dem angemessenen Umgang mit "Torah und Mitzvot" liegt ein "Segulah" (eine spezielle Eigenschaft als Hilfsmittel): Eine Person empfängt eine spirituelle Kraft, die ihn dazu bringt, seinen Willen, dem des Schöpfers anzugleichen. Diese Kraft wird jedoch nur enthüllt, und sie kann nur in Abhängigkeit von der Bedingung in einer Person wirken, wenn sich dieser Mensch mit "Torah und Mitzvot" beschäftigt, und dies nicht tut, um eine Belohnung für sich selbst zu erhalten, sondern einzig und allein, um dem Schöpfer Zufriedenheit zu schenken.

Es gibt fünf Grade in der Gleichwertigkeit der Form zum Schöpfer: Nefesh, Ruach, Neshama, Chaya, Yechida (N R N C H " Y). Ebenso hat auch jeder einzelne Grad seine eigene detaillierten Niveaus, von denen aus ein Mensch empfängt. So gibt es von dieser Welt ausgehend insgesamt 125 Niveaus (Stufen) bis hin zum Gipfel der Leiter. Mittels des tatkräftigen Ausführens von "Torah und Mitzvot", um dem Schöpfer Zufriedenheit zu schenken, verdient und bildet ein Mensch, Schritt für Schritt (Sprosse für Sprosse), Gefäße des Willens zu schenken. Über diesen Weg steigt der Mensch dann die Stufen empor, Stufe um Stufe, bis er die vollständige Gleichheit der Form mit dem Schöpfer erreicht hat.

Damit wird im Menschen der Schöpfungsgedanke erfüllt: Die gesamte Freude und Vollkommenheit zu empfangen, die der Schöpfer für ihn vorbereitet hat. Darüber hinaus erfährt er die größte Wohltat, indem er die wahrhaftige Bindung zum Schöpfer erreicht und somit den Wunsch zu schenken, so wie der Schöpfer Selbst.

 

9. Nun können wir verstehen, was geschrieben steht: "Alle Welten, die höheren und niederen und alles was in ihnen enthalten ist, wurde ausschließlich für den Menschen erschaffen." Alle diese verschiedenen Ebenen der Welten sind nur dafür da, den Willen des Menschen zu vervollständigen, um ihm zu helfen eine Gleichwertigkeit zur Gestalt des Schöpfers zu erzielen, die er ermangelte, seitdem er erschaffen wurde. Von Beginn an durchliefen Welten und Niveaus einen fortschreitenden Prozess von Einschränkung und Entwicklung, bis hin zu unserer eigenen materiellen Welt, um die Neshama (Seele) in den Guf (Körper) dieser Welt pflanzen zu können.

Dieser Guf ist ausschließlich ein Wunsch zu empfangen und keinesfalls ein Wunsch zu schenken. Auf diesem Niveau ist ein Mensch wie ein Tier oder eine wilde Bestie. Bezüglich dieses Willens schreibt die Torah: "Der Mensch ist als wilder Esel geboren". Dieser vervollständigte Wunsch zu empfangen beinhaltet nicht im geringsten ein Schenken. In dieser Situation kann der Mensch, als in vollkommenem Gegensatz zum Schöpfer stehend, betrachtet werden, und es gibt keine größere Trennung als diese.

Wenn ein Mensch die Kabbala erlernt, bewirkt er ein Erwachen des Or Makif (Umgebendes Licht), das ihn von der Ferne her erleuchtet. Dieses Licht wird außerhalb des Gefäßes (der Wille der Person) angetroffen und wartet, bis diese Person ihr Gefäß, in eine Form des Schenkens, in Richtung des Schöpfers ausgerichtet und korrigiert hat. Erst dann gelangt dieses Licht in dieses Gefäß. Deshalb wird jenes Umgebende Licht das Licht der Seele genannt. Mittels des Studierens der Kabbala kleidet sich dieses Licht selbst in den Willen des Menschen und hilft ihm so, die Form des Schenkens zu erreichen.

Ein Mensch erzielt diesen Wunsch zu schenken nur stufenweise, von unten nach oben, dem Pfad der Niveaus folgend, die diese in der Zeit der Entwicklung von oben nach unten abstiegen. Alle diese Niveaus sind einzelne Maße für den Grad des Wunsches zu schenken: Je höher das Niveau, um so weiter entfernt ist man von der Betrachtungsweise des Wunsches zu empfangen, und um so näher oder dichter befindet man sich am Wunsch zu schenken. Ein Mensch erreicht alle diese Ebenen stufenweise, bis er es verdient hat in Perfektion, vervollständigt zu schenken, ohne auch nur irgend etwas für sich selbst zu erhalten. Dann hat diese Person die Vervollkommnung erreicht, mit einer echten Dveikut (Bindung).

Dies ist das Ziel.
Die Schöpfung und der Mensch wurden nur hierfür erschaffen.

 

10. Nachdem der Leser dies nun alles erfahren hat, ist es für ihn erlaubt, die Weisheit der Kabbala zu erlernen ohne irgend eine Angst vor Anthropomorphismus (Vermenschlichung nicht menschlicher Lebewesen) haben zu müssen.

Diejenigen, die die Weisheit der Kabbala ohne eine geeignete Führung erlernen, können verwirrt werden.

Die Sefirot und die Partzufim (spirituelle Objekte) von der Welt Atzilut bis hin zur Welt Asiya sind G-ttlich und mit dem Schöpfer vereint. Wie kann es jedoch möglich sein, dass dies alles G-ttlich ist, dass alle Welten Innovationen sind, die nach der Einschränkung erscheinen, so dass sie alle möglichen Arten der Verschiedenartigkeit, der Zahlen, des oben und unten, einen Aufstieg und einen Abstieg sowie die unterschiedlichsten Verbindungen besitzen?

 

11. Von dem, was bisher erklärt wurde wird deutlich, dass all diese Veränderungen: Aufstieg, Abstieg, Beschränkungen, Zahlen, etc. aus der Sicht der Seelen betrachtet werden, welche empfangen. Es ist möglich das gesamte Dasein in zwei Abteilungen zu spalten, in möglich und tatsächlich.

Dies ist mit einem Mann vergleichbar, der ein Haus baut. In seinen Gedanken besitzt er schon sein Haus, jedoch ist die Beschaffenheit dieses Hauses nicht vergleichbar mit der Eigenart des Hauses, welches später tatsächlich realisiert wird. Dies ist so, weil das Haus in Gedanken aus Material des Gedankens besteht und im "Möglichen" vorgefunden wird. Jedoch, wenn ein Haus aus Gedanken zur Realität wird, erhält es ein anderes Material - z.B. ein Material aus Bäumen und Steinen.

Genauso ist es möglich in den Seelen einen Aspekt des Tatsächlichen und des Möglichen zu unterscheiden. Das Erscheinen der Seelen des Schöpfers im "Tatsächlichen" beginnt nur in der Welt von Briah. Deshalb können alle Veränderungen, die vor Briah eintraten, als das, was im "Möglichen" entstanden ist, betrachtet werden, ohne irgendeinen greifbaren Unterschied des Schöpfers.

Daher wird gesagt, dass alle Seelen schon im Malchut (Königreich) des Ein Sof (das Unendliche) mit einbezogen sind, am Mittleren Punkt allen Daseins. Dies ist so, weil dieser Punkt innerhalb des "Möglichen" die Gefäße der Seelen umfasst, welche in der Zukunft, im "Tatsächlichen", in der Welt Briah und darunter zum Vorschein kommen.

Die erste Tzimtzum (Einschränkung) wurde im Mittleren Punkt nur im Aspekt des "Möglichen" hinsichtlich der späteren Seelen ausgeführt. Alle Gefäße und alle Welten von der ersten Einschränkung an bis hin zur Welt Briah, werden von diesem Mittleren Punkt entwickelt und hervorgebracht, und sie sind in Bezug auf die Seelen nur im "Möglichen" vorhanden. Nur wenn die Seelen im "Tatsächlichen" anfangen sich von der Welt Briah und den darunter liegenden Welten zu entwickeln, beginnen die Veränderungen, die in den Niveaus dieser Welten vorhanden sind, auf sie zu wirken.

 

12. Dieses kann mit einem Menschen verglichen werden, der sich selbst mit Kleidung und Bedeckungen verhüllt und sich verbirgt, um nicht gesehen und wahrgenommen zu werden. Zweifellos, in Bezug auf ihn selbst, verbleibt er so, wie er ursprünglich war. Ähnlich verhält es sich mit den zehn Sefirot (Keter, Chochma, Binah, Chesed, Gevurah, Tiferet, Netsach, Hod, Yesod, Malchut) welche zehn Umhüllungen darstellen, in denen sich im inneren das Ein Sof bedeckt und kleidet, und sich selbst vor den Seelen verbirgt.

Das Licht des Ein Sof ist in einem Zustand der absoluten Ruhe und genau so ist es, wenn es vom Inneren der Umhüllungen aus glänzt. Dennoch, da die Seelen durch die Umhüllungen hindurch, das Or Ein Sof (Licht des Ein Sof) empfangen, empfinden sie es so, als sei eine Änderung im Licht aufgetreten. Deshalb sind die Seelen, die das Licht empfangen, selbst in zehn Grade unterteilt, entsprechend der zehn Unterteilungen der Umhüllungen.

Alle diese Umhüllungen sind ausschließlich aus der Welt Briah und darunter liegend, weil nur dort die Seelen existent sind, die von den zehn Sefirot mittels der Umhüllungen empfangen können. In den Welten Adam Kadmon und Azilut existieren die Seelen noch nicht, weil sie dort nur im Aspekt des "Möglichen" erscheinen. Trotz der Tatsache, dass die zehn Umhüllungen der zehn Sefirot nur in den Welten Briah, Yetzira, Asyia regieren, können nichtsdestotrotz auch diese zehn Sefirot, genau wie vor der ersten Einschränkung, als G-ttlich betrachtet werden.

Der Unterschied liegt nur in den Gefäßen der zehn Sefirot. In den Welten Adam Kadmon und Azilut sind sie nur im "Möglichen" enthalten und von BY"A (Briah, Yetsirah, Asiya) an beginnen die Gefäße der zehn Sefirot die Energie des Verbergens und Umhüllens in ihrem Inneren aufzudecken. Jedoch erfährt das Licht, welches in ihnen weilt, keine Veränderung durch seine Verborgenheit.

 

13. Wenn jedoch in den Welten von Adam Kadmon und Atzilut die Seelen noch nicht enthüllt werden (die ja die Empfänger sind), für was werden dann die Gefäße dieser beiden Welten gebraucht, und für wen wurden sie verborgen und verhüllt, entsprechend ihrer von dem Licht des Ein Sof gebildeten Größen? Die Antwort ist folgende: In der Zukunft, wenn die Welten von BY"A gemeinsam mit den dortigen Seelen aufsteigen, werden sie gemäß der Grade der 10 Sefirot in Azilut oder Adam Kadmon empfangen.

 

14. Es wurde bereits erklärt, dass die Welten, die Innovationen, die Veränderungen, die Grade und Stufen - dass all dies sich nur auf die Gefäße bezieht, die den Seelen geschenkt wurden, und sie so auf sie bemessen und ausgelegt sind, damit sie von dem Licht des Ein Sof empfangen können.

Dennoch bewirken die Seelen, die in den Graden entstehen, selbst keine Veränderung im Licht des Ein Sof, da alle Umhüllungen das Verdeckte nicht beeinflussen können. Dies gelingt nur demjenigen, der den Umhüllten wahrnehmen und von Ihm empfangen möchte.

 

15. Man kann in den zehn Sefirot und Parzufim (Gesichtern, Anordnungen) wo immer sie auftauchen, drei Aspekte unterscheiden: Die Essenz des Schöpfers, Gefäße, Lichter. Die Empfänger haben keine Vorstellung und kein Verständnis vom Wesen des Schöpfers.

In den Gefäßen gibt es immer zwei unvereinbare Aspekte: Verborgenheit und Enthüllung. Am Anfang verbirgt das Gefäß die Essenz des Schöpfers, so wie die zehn Gefäße in den zehn Sefirot, zehn Grade der Verschleierung bilden. Nachdem die Seelen diese Gefäße, mit all ihren enthaltenen Bedingungen empfangen haben, werden diese Verhüllungen in Enthüllungen, in die Fassungskraft (Bewusstsein) der Seelen umgewandelt.

Diese zwei unvereinbaren Aspekte innerhalb der Gefäße werden eins, weil das Maß der Enthüllung innerhalb des Gefäßes genauestens mit der Größe der Verborgenheit innerhalb des Gefäßes übereinstimmt. Ein Gefäß, das gröber ist, das stärker Seine Essenz, Sein Wesentliches verdeckt, enthüllt eine viel größere Gestalt.

Die Lichter die in den Sefirot enthalten sind haben die gleichen Abmessungen der Gestalt, die in Zukunft durch die Auffassungsgabe der Seelen enthüllt wird. Während sich einerseits alles von der Essenz des Schöpfers ausdehnt, entspricht nichtsdestoweniger die Auffassungsgabe innerhalb des Lichtes nur den Eigenschaften des Gefäßes. Daher gibt es notwendigerweise zehn Lichter und zehn Gefäße. Das heißt, zehn Grade der Enthüllung für die Empfänger, entsprechend den Eigenschaften dieser Gefäße, in der Art und Weise, dass es keinen Unterschied zwischen dem Licht und der Essenz des Schöpfers gibt, mit einer Ausnahme: In der Essenz des Schöpfers, Seinem Wesen, gibt es weder ein Begreifen noch eine Auffassungsgabe (Verstehen), und das Fassungsvermögen (Einsicht) besteht nur entsprechend dem, was vom Schöpfer mittels Seiner Umhüllung innerhalb der Gefäße der zehn Sefirot zu uns durchdringt. Folglich bezeichnen wir alles, was zur Auffassungsgabe (Verstehen) führt, als "Licht".

 

 

 

ÜBERSICHT

 

 

Übersetzung von Ralf Schauerte, Martina Spriestersbach, Peter Staaden