1: Wer kann uns etwas über die spirituellen Welten mitteilen? Dafür kommt nur derjenige in Frage, der mit bestimmten spirituellen Fähigkeiten ausgestattet ist. Wenn diese Person noch zusätzliche weltliche Qualitäten besitzt, kann sie uns beschreiben, was über unsere gewöhnlich wahrnehmbaren Grenzen hinaus geschieht. Die Kabbalisten können dies tun, denn sie sind nicht nur mit den Fähigkeiten ausgestattet, die jeder von uns besitzt, sondern, sie haben zusätzlich die Möglichkeit, höhrer spirituelle Welten wahrzunehmen, und uns etwas über die Vorgänge in diesem spirituellen Bereich mitzuteilen.
2: Ist es den Kabbalisten erlaubt, uns über die spirituellen Welten aufzuklären? Der Schöpfer hat einigen Kabbalisten erlaubt, ihre Kenntnisse einem breiten Publikum zu enthüllen, um den Menschen zu helfen, sich mit Ihm in Verbindung zu setzen. Die Kabbalisten erklären uns anschaulich und begreifbar, wie wir die Struktur und die Funktion des Geistes auf der spirituellen Ebene verstehen können. Diese spirituellen Welten werden durch Gesetze bestimmt, welche gegensätzlich zu den uns bekannten sind.
3: Das grundsätzliche Prinzip der spirituellen Welten ist der absolute Altruismus. Wie kann man diese Fähigkeit erwerben? Die Kabbalisten schlagen vor, eine innere Umwandlung durchzuführen. Nur diese innere Arbeit an sich selbst erlaubt es dem Menschen, die spirituellen Welten wahrzunehmen, und damit zu beginnen, gleichzeitig in der weltlichen und in der spirituellen Welt zu leben. Diese Arbeit wird durch den Begriff: "seinen Glauben über den Verstand stellen" bezeichnet.
4: Was bedeutet "ein Glaube in den Grenzen des Verstandes"? In dieser Welt ist es unser Verstand, der alles bestimmt, was wir machen. Einzig und allein dieser Verstand, mit anderen Worten, die Egozentrik oder die berechnende "Vernunft" ist der Motor all unserer Wünsche und unserer Handlungen. Unser Verstand berechnet ständig die Menge des möglichen Vergnügens, und er prüft und wägt ab, hinsichtlich der Menge des Leidens, welches die Anstrengung verursacht, dieses Vergnügen zu erreichen. Die Subtraktion dieser Mengen liefert ihm das gesuchte Ergebnis: entweder die Arbeit und das Leiden für das Vergnügen oder Ruhe und Frieden durch den Verzicht. Das Grundprinzip dieses "vernünftigen" Konzeptes in Bezug zu unserer Umwelt, wird durch den Begriff: "ein Glaube in den Grenzen des Verstandes" bezeichnet, - der Verstand bestimmt den Glauben.
5: Was bedeutet "ein Glaube, der dem Verstand untergeordnet ist"? Der Mensch handelt oft, ohne den Nutzen seiner Handlungen abzusehen, oder im voraus die Anstrengungen, die er investieren muss, zu berechnen. Man denke zum Beispiel an eine sehr leidenschaftliche Person, oder an einen Menschen, der auf eine bestimmte Art und Weise konditioniert ist. Die von ihm ausgeführten "blinden" Handlungen ergeben sich aus dem Prinzip, welches durch den Ausdruck "ein Glaube, der dem Verstand untergeordnet ist" bezeichnet wird. Denn diese Handlungen werden eher durch die blinde, unbewusste Beobachtung von irgend etwas, oder von Entscheidungen dritter Personen beinflusst, als durch eigene Überlegung und Berechnung. In anderen Fällen können die Handlungen des Menschen durch seine Erziehung, die für ihn wie zu einer zweiten Natur geworden ist, diktiert werden. Dies kann so stark sein, dass er eine große Anstrengung unternehmen muss, um ein anderes Verhalten zu entwickeln, als jenes, dass in ihm durch Konditionierung seine Handlungen eingeschärft worden ist, und welches deshalb seine Handlungen automatisch durch den Zwang oder die Gewohnheit bestimmen. Wir führen alle eine große Anzahl von Handlungen nach diesem Schema aus.
6: Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit der Mensch altruistisch werden kann? Es erfordert gewisse Vorbedingungen, um sich von einem Wesen, welches durch die weltlichen Gesetze bestimmt war, zu einem Wesen, welches durch die Gesetze der spirituellen Welten geleitet wird, zu entwickeln. Wenn der Mensch die Gedanken seines Verstandes zurückgedrängt, und somit ohne ihre Unterstützung ist, hängt er bildlich ausgedrückt mit seinen beiden Beinen in der leeren Luft, heftet sich jedoch gleichzeitig mit beiden Händen, fest an seine Schöpfer, der so seine Handlungen durch seinen alleinigen Willen leitet und bestimmt. Gewissermaßen ersetzt der Mensch seine eigenen Überlegungen und Gedanken durch jene des Schöpfers, er handelt folglich entgegen seinem Verstand, und setzt den Willen des Schöpfers über seinen eigenen. Deshalb wird das Prinzip dieses Verhaltens durch den Ausdruck: "der Glaube, der dem Verstand übergeordnet ist" bezeichnet. Wenn der Mensch auch nur einmal mit diesem Prinzip erfolgreich gewesen ist, beginnt er diese Welt und gleichzeitig die spirituelle Welt, neu wahrzunehmen. Er entdeckt, dass beide Welten gleichzeitig, gemäß den selben spirituellen Grundregeln funktionieren: "der Glaube der dem Verstand übergeordnet ist".
7: Was ist ein spirituelles Gefäss? Der Wunsch des Menschen, seinen Verstand zurückzudrängen, und nur von seinem Verlangen, dem Schöpfer ein Vergnügen zu bereiten, geleitet zu werden, ist das spirituelle Gefäß, welches ihm erlaubt, spirituelle Gefühle zu wahrzunehmen. Die "Kapazität" dieses Gefäßes ist in anderen Worten die Größe des spirituellen Vermögens des Menschen, seinen egozentrischen erdgebundenen Willen zurückzudrängen.
8: Wie kann man ein spirituelles Gefäß wachsen lassen? Um die Kapazität eines spirituellen Gefäßes zu erhöhen, stellt der Schöpfer immer größere und wichtigere Hindernisse auf den Weg "des Glaubens, der dem Verstand übergeordnet ist". Ganz allmählich steigert er die egozentrischen Wünsche, das Verlangen und die Zweifel, was die göttliche Allmacht betrifft. Die Tat, diese Hindernisse progressiv zu überwinden, erlaubt es dem Menschen, den Beweis eines immer stärker altruistischen Verlangens zu erbringen, die Kapazität seines spirituellen Gefäßes zu steigern, und mit mehr Klarheit und Schärfe den Schöpfer in seinem Universum der Ähnlichkeiten wahrzunehmen.
9: Vereinfachen das Wissen und die Intelligenz den Erwerb eines "Glaubens, der dem Verstand übergeordnet ist"? Alles, was dem Menschen widerfährt und ihm von oben aufgebürdet wird, dient dem Zweck, ihn daran zu erinnern, dass es nötig ist, seinen guten Menschenverstand zurückzudrängen, und damit fortzuschreiten, seinen Glauben über den Verstand zu stellen. Je stärker sein Verstand und der Umfang seiner Kenntnisse, und je größer und glänzender seine Intelligenz, desto schwieriger ist es für ihn, sich auf dem Weg des Glaubens vorwärts zu bewegen, denn solch einer leidet folglich mehr darunter, seine guten Menschenverstand ablegen zu müssen.
10: Akzeptiert der Mensch, nachdem er den Weg des spirituellen Wachstums gewählt hat, was ihm widerfährt? Die Person, die entschieden hat, sich gemäß der Kabbala spirituell zu entwickeln, kann in gar keinem Fall mit dem Schöpfer zufrieden sein. In seinem Herzen verflucht er, sich auf diesem Weg vorwärts bewegen zu müssen, denn durch keine Selbsttäuschung lässt sich eine Entschuldigungen vor dem Schöpfer finden. Solch eine Person kann es nicht ertragen, ohne Unterstützung zu sein, bis ihm der Schöpfer hilft, indem er ihm den Plan der Schöpfung enthüllt.
11: Welches ist der günstigste Zeitpunkt, um den verschleierten Aspekt des spirituellen Weges (der Kabbala) zu begreifen? Wenn der Mensch das Gefühl hat, dass er in einer spirituellen Wachstumsphase ist, dass sein ganzes Verlangen und seine ganzen Wünsche auf den Schöpfer ausgerichtet sind, und nur auf Ihn, dann ist es der günstigste Zeitpunkt, adäquate Schriften der Kabbala zu studieren, mit dem Ziel, zu versuchen, ihre tiefe Bedeutung zu begreifen. Trotz seiner Anstrengungen, kann der Mensch den Eindruck haben, nichts zu verstehen, es ist jedoch trotzdem notwendig es weiter zu versuchen, weiter zu studieren, und sich in die Schriften das eine und das andere Mal zu vertiefen, und sich nicht gleich durch einen Mißerfolg im Verständnis der Texte zu verzweifeln. Der Sinn dieser Versuche liegt in den Anstrengungen, die vom Menschen gemacht werden, um die Geheimnisse der Torah zu verstehen, und, die sein Gebet an den Schöpfer darstellen, damit er sie für ihn enthüllt. Die Kraft des Gebetes wird durch die Kraft seines Strebens bestimmt.
12: Wie erhebt man sich in den Zustand des Betens? Durch die Anstrengungen und Mühen, die wir investieren, um etwas zu bekommen, steigert sich in uns ein weiteres Verlangen, immer mehr zu erhalten. Die Kraft dieses zunehmenden Verlangens wird durch das Leiden bestimmt, welches verursacht wurde, weil es unmöglich war, den Gegenstand unseres Verlangens zu erhalten. Ein Gebet ist dieses Leiden selbst, welches nicht durch Worte ausgedrückt, aber in höchstem Maße tief vom Herzen gefühlt wurde. Da es also nur nach einer anhaltenden Anstrengung möglich ist, den Gegenstand unseres Verlangens zu erhalten, können wir sagen, dass der Mensch deshalb mit der gleichen Intensität und Aufrichtigkeit beten muss, damit sein Gebet erhört wird.
13: Was kann man tun, damit das Gebet vom Schöpfer erhört wird? Damit der Schöpfer das Gebet erhört, muss es vom tiefsten Punkt des Herzens ausgedrückt werden. Anders gesagt: Das ganze Verlangen und alle Wünsche des Menschen müssen zu diesem Zeitpunkt voll und ganz auf sein Gebet konzentriert werden. Um dies tun zu können, muss man sich immer wieder und unaufhörlich in die Schriften vertiefen, selbst wenn man nichts begreift, denn um erfolgreich zu sein, muss man ein authentisches Verlangen verwirklichen, damit der Schöpfer uns erhören kann.
14: Was ist ein authentisches Verlangen? Ein authentisches Verlangen ist jenes, dass einem anderen Verlangen keinen Platz mehr lässt.
Übersetzung von Peter Staaden
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