4.   Gespräch im Laufe eines Abendessens, Neumond, Tischri 1996


 

Das Universum besteht aus nur zwei Bestandteilen : Dem Schöpfer und seinem Wunsch Freude zu bereiten und der Schöpfung mit dem Wunsch Freude zu erfahren. Der Wunsch ein korrigiertes Vergnügen zu empfinden, mit Hilfe eines anti-egoistischen Schirmes, wird mit dem Begriff "Parzuf", spirituelles Element, bezeichnet. Wenn das Parzuf in sich das Vergnügen eindringen lässt, indem es diese Wahrnehmung dem Schöpfer widmet, realisiert es ein "Zivug Hakaah", dieser Handlung wird der Begriff "Gebot" gegeben.

Das Licht welches das Parzuf penetriert wir mit dem Terminus "Torah" bezeichnet. Mit anderen Worten ausgedrückt: Wenn der Mensch bei seiner körperlichen Beachtung eines Gebotes eine spirituelle Ausrichtung erscheinen lässt, und wenn er, dies ausführend, in seinem Inneren, in seinem korrigierten Egoismus das Licht der Torah empfängt, vereinigt er in sich zwei Welten.

Durch das Befolgen der Gebote in dieser Welt, soll der Mensch noch einmal definieren was er, mittels dessen was er befolgt, erlangen möchte. Nur die automatische Befolgung erlaubt keinen spirituellen Fortschritt, sondern platziert den Menschen auf das "unbelebte spirituelle Niveau". Nur die Absicht in Funktion ihrer Intensität und Richtung, lässt den Menschen in die spirituellen Welten eintreten und definiert sein spirituelles Niveau, sowie die Intensität der Wahrnehmung des spirituellen Lichtes, des Schöpfers. "Ein Gebot ohne Absicht ist ein Körper ohne Seele", anders ausgedrückt, es befindet sich auf einem leblosen spirituellen Niveau.

Die richtige Absicht zu lehren bildet den Gegenstand und das Ziel der Kabbala. Dies ist auch der Grund weshalb sie den verborgenen Teil der Torah darstellt, denn jeder Mensch kennt seine Absicht nur für sich alleine, niemand sonst weiß darum. Manchmal kann der Mensch nicht einmal selbst seine eigenen Absichten definieren.

In der anfänglichen Phase basiert der Unterricht der Kabbala auf der Lehre des Menschen, auf der Art und Weise wie er seine wirklichen Absichten definiert. Der Mensch endet darin sich über seinen Egoismus bewusst zu werden, über die wahre Natur seiner Wünsche, sein Verlangen Vergnügen zu empfinden, ohne auch nur einen Gedanken an jemand anderen zu verschwenden oder Rücksicht auf andere Meinungen oder Wünsche zu nehmen.

Am Anfang seines spirituellen Aufstieges versteht der Mensch nicht, weshalb er morgens so früh aufsteht, lernt und Gespräche führt. Er macht es unbewusst. Erst dann, wenn der Schöpfer sich ihm enthüllt, beginnt er sich darüber bewusst zu werden, dass es bewirkt wurde, so zu handeln, und alles beginnt klar zu werden.

Die Welten existieren nicht ohne den Menschen, der eine Wahrnehmung von ihnen hat. Nur der Mensch, durch seine Empfindung des einen oder anderen Fragmentes ihres unendlichen einheitlichen Lichtes, nennt dieses Fragment, welches er wahrnimmt, "seine Welt".

Umgekehrt, alle Stufen der spirituellen Welten sind als latenter Zustand im Menschen erhalten. Es handelt sich um Abstufungen seiner Kenntnis des Spirituellen, welche der fortschreitenden Errungenschaft, Stufe um Stufe, der Weisheit entsprechen, welche die Begrenzungen unserer Welt überschreitet.

Der Mensch ist ein egoistischer Punkt in der Schöpfung, der um spirituell aufwärts zuschreiten, heranreifen muss. Nur das Reifen, der Punkt im menschlichen Herzen der sich öffnet, entspricht der ersten Erweckung, alle anderen Handlungen entspringen daraus.

Wir sind ausschließlich durch den Wunsch bewegt Freude zu empfinden, auf allen Stufen unserer Entwicklung. Es ist dieser Wunsch, der mit dem Begriff "Klipa" (Hülle, Schale) bezeichnet wird, denn diese Kraft schützt den Menschen, solange er nicht die Entwicklungsstufe erreicht hat, auf der er sich wünscht, von dieser Hülle befreit zu sein, um die Frucht zu erreichen. Die Frucht ist die korrigierte Klipa, der Wunsch ohne Gegenleistung zu geben, Freude zu bereiten, als Stiftung für den Schöpfer.

Die Klipa ist eine spirituelle Kraft. Der spirituelle Körper der Klipa setzt sich, ganz genau wie ein spiritueller Körper, aus einem Kopf und einem Körper zusammen. Der Kopf der Klipa wird mit dem Begriff "Wissen" bezeichnet, der Körper mit "der Handlung zu empfangen". Der "Kopf" eines puren spirituellen Körpers wird der "Glaube über dem Wissen" genannt, und der Körper heißt die "Handlung des Gebens ohne Rückkehr".

Nur das fleißige Lernen kann den Menschen aus den Zuständen befreien, in denen er vor sich hin dämmert, ohne etwas dagegen tun zu können. Das tägliche Studium reinigt die Gedanken und bewegt ihn in die richtige Richtung.

Frage: Warum sagen wir "Lechaim", "auf das Leben", wenn wir zusammen trinken?

Der Wein symbolisiert das Licht "Chochmah", das Licht des Lebens. Um zu betonen dass wir dieses Licht des Lebens mittels eines Schirms empfangen, sagen wir "Lechaim", damit das Licht welches uns erreicht uns im Namen des Lebens erhellt, und nicht in unkorrekter Weise, in nicht korrigierten Wünschen empfangen wird, was das Licht zum Verschwinden bringen würde und den "spirituellen Tod" erscheinen ließe.

Frage: Gibt es falsche oder unnötige Fragen?

Nein, wenn eine Frage existiert, zeigt dies an, dass es einen Wunsch gibt, der auf der Suche nach Befriedigung ist, diese Frage hat ein Recht auf Dasein. Was die Antwort betrifft, so ist es komplizierter. Manchmal ist es auf Grund des Unterschiedes der Wahrnehmung dessen, der die Frage stellt, und demjenigen, der darauf antworten könnte nicht möglich, eine klare Antwort zu geben. Auf eine allgemeingültige Art und Weise existieren keine Antworten auf Fragen. Jeder sollte sich selbst auf seine eigene Fragen antworten.

Wenn ein Mensch eine spirituelle Besorgnis verspürt, bedeutet dies dass eine persönliche Beziehung zum Schöpfer besteht, es sind Verbindungen, die noch wenig deutlich wahrgenommen werden, jedoch bereits eine Bindung sind. Niemand anderes als der Mensch selbst kann sie kennen, allerdings versteht er selber nicht was ihm widerfährt.

Die spirituelle Welt besteht nur aus dem Wunsch zu empfangen und dem Schirm "Masach", der ihm gegenübersteht. Die Entscheidungsfindung im Keli bewerkstelligt sich entweder ausgehend von einem Wunsch (egoistisches Keli), oder vom Masach (spirituelles Keli welches ohne Rückkehr gibt), oder ab ihrer Fusion (empfangendes spirituelles Keli).

Der Mensch sollte danach trachten alles zu analysieren was ihm widerfährt, alle Begebenheiten anzunehmen, wie ein Hilfsmittel um spirituell aufzusteigen. Es existiert kein Patentrezept für jeden einzelnen Fall, der Mensch muss selbst wissen was er tun oder nicht tun kann. Er sollte seine ganzen Bemühungen einsetzen, alle angeführten Methoden unserer Meister anwenden, um jede Fragestellung zu lösen.

Wenn der Mensch, nachdem er alles mögliche probiert hat, merkt, dass er nicht aus seinem kleinen Universum herauskommt, seinem Egoismus, wird er seine Arme heben und dem Schöpfer zurufen, um Hilfe bitten. Der Egoismus spürt bereits seinen Tod und beginnt zu schreien. Ausschließlich in diesen ausweglosen Momenten hilft der Schöpfer dem Menschen, denn nur solch einer ist bereit die Hilfe des Schöpfers zu erhalten.

Wir werden alle darin erfolgreich sein das ‚Gmar Tikun' zu verwirklichen, die Vollendung der Korrektur, wir werden unsere Wurzel im ‚EinSof' ereichen, im guten oder im bösen. Alles bewegt sich zur finalen Korrektur, hin zum Ende dieser Welt dieses egoistischen Daseins, unabhängig von unseren Wünschen. Der Begriff "Ende der Welt" in der üblichen Sprache, ist völlig unterschiedlich zu seinem wahrhaftigen Sinn in der Kabbala.

Das Studium der echten Quellen kann unseren Fortschritt zum Spirituellen beschleunigen und uns die Möglichkeit geben, in diesem Leben das Spirituelle zu leben. Dieser Weg wird der Weg der Torah genannt. Das Voranschreiten vollzieht sich genauso durch das Leiden, indem man der Revolution der Seele folgt, in jedem Falle ist das Ergebnis das gleiche.
Der Weg der Torah bedeutet nicht die Leiden zu vermindern, oder zu versuchen ihnen zu entfliehen, das ist nicht was einen auf diesem Wege bewegt. Der Mensch wandelt vielmehr die durch egoistische Freuden induzierten Leiden, diese unzureichenden Freuden, die durch die Objekte dieser Welt bereitet werden, in ein Leiden um, welches auf die Abwesenheit des Spirituellen zurückzuführen ist, und somit verringert er die Zeit seiner Strecke zum Ziel.

 

 

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Übersetzung von Peter Staaden