9.   Abendessen, Neumond, Schewat 1996


 

Wie sollte die Bemühung des Menschen aussehen, um spirituell voranzuschreiten, selbst wenn er für die kleinste Anstrengung unbedingt eine Belohnung erstrebt. Er kann gar nicht anders sein, denn seine absolut egoistische Struktur bewirkt, dass er immer ein beliebiges Ziel verfolgt. Ohne Egoismus kann er auch nicht die geringste Bewegung ausführen.

Der Mensch beginnt seine Arbeit am Nullpunkt. Gestern noch wollte er die ganze Welt erobern, heute hat ihm der Schöpfer in der Ferne das Glänzen des umgebenden Lichtes enthüllt. Der Mensch fängt an sich nach spirituellem Fortschritt zu sehnen und ersetzt alle Reize dieser Welt durch spirituelle Empfindungen. Was er versucht zu bekommen um spirituell voranzuschreiten, weiß er nicht, denn das Licht welches in der Ferne funkelt ist noch nicht in ein Keli eingedrungen. Es gibt dem Menschen nur einen Eindruck eines zukünftigen Vergnügens, verbunden mit der Spiritualität und getrennt von der umgebenden Welt. Diese Vorstellung lässt den Menschen handeln. Das umgebende Licht "Or Makif" wirkt auf seinen Egoismus ein und zieht ihn hin zum Spirituellen. Der Egoismus ist also sein eigener Totengräber.

Am Anfang des Weges ist der Drang spirituell aufwärts zu schreiten durch den Gewinn begrenzt, den wir aus dem Spirituellen ziehen wollen, so wie wir es aus unserer Welt gewohnt sind. Der Mensch stellt sich vor, er besäße spirituelle Kräfte, die ihm erlauben würden hell zu sehen, die Zukunft zu meistern usw. In zunehmendem Maße wird er sich bewusst, dass er anstelle dessen seine gesamten Kräfte dem Schöpfer widmen möchte, Ihn zum Objekt aller seiner Projekte machen will. Er lässt sich selbst völlig außer betracht, tauscht seinen eigenen Willen gegen den des Schöpfers aus. Genau dies ist ein wirklicher Fortschritt.

Es gibt keinen anderen Weg um weiterzukommen, um den Egoismus in Altruismus zu transformieren, als über den Weg der Torah oder über den der Leiden. Die Arbeit des Menschen, der eine Verbindung mit dem Schöpfer sucht, erprobt Ihn zu spüren, Ihn in seinen Gefühlen zu entdecken, vollzieht sich indem zwei Zustände durchlaufen werden: Die Verschleierung des Schöpfers "Ester Pashut" und die doppelte Verschleierung des Schöpfers "Ester Kafoul".

Die doppelte Verschleierung "Ester Kafoul" entspricht der völligen Blindheit des Menschen, der totalen Verhüllung des Schöpfers. Für eine Person auf diesem Niveau existiert ausschließlich unsere Welt. "Ester Pashut" entspricht dem Moment, in dem der Mensch beginnt zu verstehen, wie der Schöpfer auf alles einwirkt, was ihm gut tun wird, wenn er diesen Prozess nicht in einer offensichtlichen Weise wahrnimmt.

All die Kämpfe des Menschen gegen sich selbst, sowie die Manifestation seines freien Willens sind nur möglich, nach der absoluten Entschleierung des Schöpfers. Dieses Niveau kann vom Menschen geachtet werden, denn es ist das einzige Mittel die Früchte einzusammeln, das Erscheinen "der Schösslinge der neuen Bäume" einzuleiten, so wie es am 15. des Monates Shvat der Brauch ist, und was nachfolgend die Früchte der Weisheit erbringt.

Um einen spirituellen Gewinn zu bekommen, muss man die totale Verschleierung überschreiten, was bewirkt, dass der Mensch aus der völligen Dunkelheit aufsteigt, in der er nichts sieht und versteht, sowie dem guten Menschenverstand zuwider handelt. Nach der Entschleierung des Schöpfers erinnert sich der Mensch mit Bedauern an seinen vorangegangenen Zustand der totalen Finsternis, denn nun sieht und spürt er den Allmächtigen G-tt. Er verliert auf gewisse Weise seinen freien Willen.

Die göttliche Allmacht wirkt mittels zweier Aspekte: Universell und Individuell. Der universelle Allmächtige wirkt durch das umgebende Licht auf die Menschheit ein, durch die Gesamtheit der Natur. Diese Allmacht führt die Welt gemäß einem festgelegten Plan zur Vollendung der Korrektur, zur Bewusstwerdung, dass der materielle und technische Fortschritt Mängel aufweist und die Menschheit in eine Sackgasse treibt. Dieser Weg gibt einem den Eindruck von einem äußeren Hochgefühl und äußerer Befriedigung, von Reichtum und einer absoluten inneren Leere.

Die Allmacht auf einer individuellen Stufe wirkt auf jeden von uns, durch die kurvenreichen Umwege des inneren Lichtes ein. Derjenige, der in unserer Welt damit beginnt eine Bindung zum Schöpfer zu suchen, steht unter dem Einfluss des Allmächtigen G-ttes, auf seinem persönlichen Niveau.

Der Kontakt mit den spirituellen Welten ist nur dann möglich, wenn ein Schirm gegenüber den egoistischen Verlangen aufgerichtet ist. Der Mensch wandelt seine egoistischen Merkmale in altruistische Attribute um, entsprechend der Funktion des Schirmes. In den korrigierten Kelim empfängt er das Licht der Torah.

Der Weg des spirituellen Wachstums ist lang und kurvenreich. Auf jeder Stufe muss man wiedergeboren werden, bis wir dem Schöpfer ähnlich werden, indem wir Seine Merkmale erwerben, die es uns erlauben sich mit Ihm zu vereinigen.

Tu Bishvat ist der Moment, in dem wir uns an den Schöpfer richten, um Ihn zu bitten, uns wachsen zu lassen, so wie man die jungen Pflanzen wachsen lässt, um in uns das wahre Leben wieder zu beleben.

 

 

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Übersetzung von Peter Staaden