Die Methodik kommt in der Kabbala an aller letzter Stelle
zum Vorschein.
Das Wichtigste ist nicht der technische Aspekt, sondern
das Innwendige.
Die Kabbala ist nicht nur eine Wissenschaft,
sondern eine Kunst: eine Kunst des Herzens und des Liebenkönnens.
Sie erfordert eine bestimmte "Fähigkeit des
Herzens" die sehr schwierig zu erlangen ist.
Das heißt, dass ein "Wissender" auch danach
streben muss, ein "Gerechter" zu sein.
In der Kabbala reicht die Wissenschaft alleine nicht aus:
Es benötigt unbedingt der Liebe.
Da, wo die Philosophie endet, lehrt uns Rabbi Nachman,
beginnt die Kabbala.
Was man wie folgt verstehen könnte: Die Kabbala ist die
wahre Ausgewogenheit zwischen
der Liebe zur Weisheit und der Weisheit der Liebe.
In diesem Gleichgewicht kann sich der Kabbalist "auf
dem Weg des Lichtes" engagieren...
Wie wir bereits ausgedrückt haben: Die Kabbala ist zu
aller erst eine Schule des Lebens.
Sie zielt nicht darauf ab, dass der Mensch gut sei.
Sie erhofft sich nur, dass er eines Tages besser werden kann...
Wenn manche kabbalistischen Erfahrungen "an Magie
erinnern",
so ist dies nur der Fall, da die Wörter der Bücher an sich, magisch sind.
Das heißt, dass der Kabbalist die Sprache verwendet, damit er auf die Materie,
und in aller erster Linie auf sich selbst einwirken kann,
um sich zu einem reichhaltigeren und luminöserem Leben Zugang zu verschaffen.
Die großen Mystiker formulieren dieses nostalgische
Verlangen,
verrückt nach dem Schöpfer zu sein,
durch Gebete und Gedichte der Liebe,
vergleichbar mit den inbrünstigsten Äußerungen der faszinierendsten Menschen,
die von einem brennenden Feuer berührt wurden,
welches sich manchmal auch vernichtend auf das Begehren auswirkte.
Man kann also verstehen, weshalb es sich manchmal sehr
schwierig gestaltet,
sogar unmöglich, ein erotisches Liebesgedicht,
dass die Abenteuer zweier sich liebender Wesen erzählt,
von einem mystischen Gedicht zu unterscheiden,
welches die Verbindung des Menschen zu G-tt und umgekehrt beschreibt.
Das
Lied der Lieder ist ohne Zweifel eines der besten Beispiele für diese Ambivalenz.
Dieser prachtvolle Text wirkt vielleicht für so manchen
anstößig und erotisch,
ist jedoch in der Bibel nicht nur als heiliges (kodesch) Schriftstück abgebildet,
sondern als ein Text der als Heiligster (kodesch kodaschim) von allen erachtet wird.
Man kann ohne sich zu irren behaupten, dass man um
Kabbalist zu sein
auf jeden Fall das Liebenkönnen kennen muss,
dies ist eine unverzichtbare Bedingung.
Was jedoch nicht heißen soll,
dass es ausreichend wäre liebevoll zu sein,
um als Kabbalist zu gelten.